Alter Botanischer Garten:Großeinsatz am Neptunbrunnen

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Mit einem großen Aufgebot rückt die Polizei am Dienstag im Alten Botanischen Garten an, um für Sicherheit zu sorgen. (Foto: Robert Haas)

Mehr als 100 Kontrollen in nur einer Stunde: Die Polizei versucht, Dealer und Gewalttäter aus dem Alten Botanischen Garten zu verdrängen. Die Politik hofft, bald mehrere Verbote durchsetzen zu dürfen.

Von Stephan Handel

Es ist fast ein wenig idyllisch ruhig an diesem Dienstagnachmittag im Alten Botanischen Garten: Ein paar Jugendliche machen sich einen Spaß daraus, im Algenglitsch des leeren Neptunbrunnens herumzuschlittern. Auf den Bänken macht die eine oder andere Flasche Schnaps ihre Runde. Und drüben, unter den Bäumen beim alten Eingangsportal, da riecht es kernig-süßlich nach Cannabis. Warum auch nicht? Ist ja nicht mehr verboten.

Der Alte Botanische Garten unweit des Hauptbahnhofs ist seit Monaten ein Garant für stete Negativ-Nachrichten: Alkohol-, Drogen und Sexualdelikte, Körperverletzungen hin zu Todesfällen. Ein Hotspot der Kriminalität in München. Aber die Schlagzeilen sind auch ein Hinweis darauf, dass etwas passiert. Dass Stadt und Polizei das Problem erkannt haben und mit weichen wie mit harten Maßnahmen versuchen, die Situation rund um den Neptunbrunnen zu verbessern und den Park wieder zu einem Ort zu machen, den die Münchner ohne Angst betreten können.

Harte Maßnahmen – dahinter steht in erster Linie polizeiliche Repression. Das Präsidium hat deshalb für diesen Dienstagnachmittag einen sogenannten Konzepteinsatz angesetzt. Zusammen mit Kräften der Bereitschaftspolizei kontrollieren Beamte der Polizeiinspektion 12 (Maxvorstadt) im Park und versuchen, Straftaten zu verhindern. Stephan Funk, Leiter der PI 12, berichtete, dass etwa 60 Beamte an dem Einsatz beteiligt seien. Er meinte, ohne konkrete Zahlen zu nennen, dass die Polizei seit Beginn der Videoüberwachung im Frühsommer einen Rückgang der Straftaten registriere, vorwiegend im Bereich der Rauschgiftkriminalität. Die Polizei werde auch weiterhin Repression und Kontrolldruck im Alten Botanischen Garten ausüben, um zu verhindern, dass sich die Szene dort festsetze.

In diesem Fall beginnt die Kontrolle kurz vor 17 Uhr. Gemessenen Schritts, in Sechser-Trupps, betreten die Beamten den Park und verteilen sich auf die Besuchergruppen. Die scheinen das schon gewohnt zu sein – keiner läuft weg, keiner protestiert, außer einem alten Mann, der sich beim Genuss seiner gewiss nicht ersten Halbe Bier an diesem Nachmittag gestört fühlt. Die Polizisten lassen sich Ausweise und andere Papiere zeigen, schauen in Taschen, tasten Hosenbeine ab.

In der vergangenen Woche hatten sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Innenminister Joachim Herrmann (CSU), Justizminister Georg Eisenreich (CSU), Polizeipräsident Thomas Hampel, Polizeivizepräsident Christian Huber, Münchens Kreisverwaltungsreferentin Hanna Sammüller-Gradl und Sozialreferentin Dorothee Schiwy im Innenministerium getroffen, um über weitere Maßnahmen für den Alten Botanischen Garten zu beraten. Dabei wurde vereinbart, ein Messer-, ein Alkohol- und ein Cannabis-Verbot einzuführen, sobald der Freistaat eine Verordnung auf den Weg gebracht hat, die Kommunen solche Verbote erlaubt.

Das Alkoholverbot soll dazu dienen, die enthemmende Wirkung von Schnaps und Bier aus dem Park zu verbannen – Inspektionsleiter Funk hatte gesagt, dass 95 Prozent der Gewaltdelikte dort unter Alkohol geschehen. Das Cannabis-Verbot sei notwendig, um den Dealern die Geschäftsgrundlage zu entziehen – seit der Entkriminalisierung des Eigenkonsums könnten sie jederzeit behaupten, der Stoff sei für sie selbst. Die Polizei wäre bis zum Beweis des Gegenteils machtlos.

Und auch das Messerverbot, oftmals lächerlich gemacht, hat seinen Sinn: Gilt es nicht, könnte jedermann im Rahmen des gesetzlich Legalen ein Messer mit sich führen, und die Polizei könnte erst einschreiten, wenn die Waffe benutzt wird, also wenn jemand damit bedroht oder verletzt wird. Bei einem Messerverbot wäre schon das Mitführen nicht erlaubt, und die Polizei könnte einen Platzverweis erteilen, bevor etwas geschieht. Zudem könnte sie das Messer beschlagnahmen.

Was Waffen betrifft, sind die Beamten gerade auch ohne Messerverbot fündig geworden: Eine Frau hatte einen Taser bei sich, ein Elektroschockgerät, das in Deutschland für Privatpersonen verboten ist. Die Frau hat außerdem keinen festen Wohnsitz, so wird sie erst einmal zu einem der Polizeibusse gebracht und dort festgehalten. Bei einem jungen Mann aus der Schlittergruppe im Brunnen gibt es Probleme mit dem Aufenthaltsstatus, auch er wird erst einmal abgeführt. Ein Somalier ist von der Staatsanwaltschaft zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben, er wird polizeilich erfasst. Und schließlich beobachteten die Beamten noch ein Drogengeschäft, der Verkäufer wurde wegen unerlaubten Handels mit Cannabis angezeigt. Insgesamt wurden während der Aktion mehr als 100 Personen kontrolliert.

Es dauert gerade mal eine Stunde, dann ist der Einsatz auch schon wieder vorbei. Die Stammgäste scheinen immer noch relativ unbeeindruckt zu sein und lassen weiter die Schnapsflasche kreisen. Aber eins ist klar: Gemütlich ist das nicht, ständig kontrolliert zu werden. Und wenn Alkohol erst einmal verboten ist im Alten Botanischen Garten, dann werden sie sich ohnehin einen neuen Platz suchen müssen.

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