Es ist erstaunlich viel Polizei unterwegs für einen normalen Mittwochmittag im Alten Botanischen Garten gleich ums Eck vom Hauptbahnhof. Schwarze Uniform, schwarzes Barett: Die Beamten kontrollieren jeden, der da herumsitzt, -steht oder -liegt rund um den Neptunbrunnen, im Gras und auf den Wegen.
Könnte schon sein, dass die erhöhte Polizei-Präsenz mitten unter der Woche damit zusammenhängt, dass gerade eine Gruppe Journalisten den Park betritt, angeführt von Beamten der Pressestelle des Präsidiums und von Stephan Funk, er ist der Leiter der Polizeiinspektion 12 in der Türkenstraße, die für den Alten Botanischen Garten zuständig ist. Sie wollen ihre neueste Errungenschaft vorstellen, die den Garten sicherer machen soll: eine Video-Überwachungsanlage.
Die wiederum zeigt, dass die Polizei im Alten Botanischen Garten tatsächlich viel zu tun hat. Stephan Funk sagt, dass der Park für ihn und seine Leute „immer schon ein Sorgenkind“ gewesen sei. Das liegt unter anderem an der Nähe zum Bahnhof. Bahnhofsviertel sind in allen Großstädten Kriminalitätsschwerpunkte. Richtig ist auch, dass die Zahl der Straftaten aus dem Park heraus oder im Park in letzter Zeit tatsächlich angestiegen sind, mindestens wöchentlich meldet die Polizei einen Raub, einen Drogenhandel, ein Gewaltdelikt, immer mehr auch sexuelle Übergriffe. So wurde Mitte April eine 28-jährige Frau im Park vergewaltigt. Anfang November 2023 lockte ein 40-jähriger Mann eine 17-Jährige in eine nahegelegene Tiefgarage, unter dem Vorwand, Rauschgift mit ihr konsumieren zu wollen. Dort vergewaltigte er sie. In beiden Fällen konnten die Täter kurz nach der Tat festgenommen werden.
Im Sicherheitsreport der Polizei für das Jahr 2023 wird der Alte Botanische Garten als einer von vier „Szenebrennpunkten“, die Drogenkriminalität betreffend, geführt. Was die einschlägigen Anzeigen betrifft, so liegt hier der Hauptbahnhof vorne mit 1026 Fällen im Jahr 2023. Dann kommt aber schon der Alten Botanische Garten mit 790 Fällen, während Sendlinger-Tor-Platz und Nußbaumpark mit 110 und 65 Fällen geradezu mickrig daherkommen.
Inspektionsleiter Funk sagt, dass die meisten Straftaten im Park „klientelintern“ begangen würden, weil sich hier eben die Alkohol- und die Drogenszene und das Obdachlosen-Milieu versammle. Dennoch sagen viele Münchner, dass sie lieber nicht mehr durch den Park gehen, bei Nacht sowieso nicht, aber auch am Tag lieber nicht.
Deshalb nun also – unter anderem – Video-Überwachung. Auf der anderen Seite der Elisenstraße wurden am Mittelbau des Justizpalastes drei Kameras angebracht. Sie überblicken den gesamten Bereich rund um den Neptunbrunnen. Die Bilder werden in die Einsatzzentrale im Präsidium und in Funks Inspektion geleitet. Wenn etwas passiert, könnten seine Leute in kürzester Zeit am Ort des Geschehens sein, weil sie ohnehin in der Innenstadt auf Streife seien – „manchmal vielleicht in unter einer Minute“. Die Installation des Systems nebst der dazugehörigen Infrastruktur hat sich die bayerische Polizei 100 000 Euro kosten lassen.
Die Kameras sind aber nur ein Teil des Konzepts, das die Polizei mit Vertretern der Stadt ausgearbeitet hat. So wurde schon der Bauzaun zur Elisenstraße entfernt, die Bepflanzung dort wurde vom Unterholz befreit, um besser einsehbar zu sein und weniger Gelegenheit zum Verstecken zu bieten. Die Beleuchtung soll verbessert werden, außerdem werden die meisten Sitzbänke entfernt, damit es nicht zu gemütlich wird.
„Wir wollen verhindern“, sagt Stephan Funk, „dass sich ein kriminelles Milieu hier verfestigt.“ Dabei weiß er, dass die Szene dann vielleicht einfach einen neuen Treffpunkt sucht, weil es in jeder Großstadt alkohol- und drogenkranke Menschen gibt: „Das gesellschaftliche Problem ist damit nicht beendet.“