Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Viele Fragen, wenig Transparenz

Bezüglich der Panzer-Teststrecke werden Bürger und Stadtteilpolitker mit einer ganzen Reihe von Ungereimtheiten konfrontiert. Die Stadt ist nun gefragt, Aufklärung zu leisten.

Von Anita Naujokat

So ganz lässt sich der plötzliche Aufstand gegen eine fast 60 Jahre bestehende Panzer-Teststrecke nicht nachvollziehen. Schließlich geht es dem Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann in seinem Antrag nicht um bauliche Veränderungen oder Ausweitungen, sondern um eine immissionsschutzrechtliche Aktualisierung des ohnehin geltenden Bestandsschutzes. Aber natürlich ist dies die auf lange Sicht vielleicht letzte Möglichkeit, noch einmal Sturm auszulösen gegen die seit Jahren ungeliebte Anlage. Und Panzergedröhn morgens um sieben mag niemand haben.

Gut verstehen lässt sich hingegen der Unmut über die städtischen Behörden. Es war der zweite große Austausch in der Sitzung des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing zur Panzer-Teststrecke, bevor das Stadtteilgremium seine Stellungnahme abgibt, und noch immer gibt es Ungereimtheiten bei wichtigen Fragen. Warum spricht das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) noch 2018 von einer Verlängerung der Betriebszeiten, wenn diese doch schon seit 2004 so festgestanden hätten? Und wie kam diese Verlängerung vor 16 Jahren zustande? Warum wird ein im Flächennutzungsplan ausgewiesenes reines Wohngebiet als allgemeines behandelt, wofür höhere Lärmgrenzwerte gelten? Das prüfe derzeit noch das Planungsreferat, hieß es dazu am Dienstag. Das sei Gemengelage, erfuhr eine Bürgerin auf Anfrage aus einem der Ämter, nämlich dann, wenn ein reines Wohngebiet an ein Industriegelände stoße. Und wenn auch die Umweltverträglichkeitsprüfung laut RGU noch in der Mache ist, ebenso wie die Stellungnahme des Bayerisches Landesamts für Umwelt: Wie soll der Bezirksausschuss denn mit bis dato noch unvollständigen Unterlagen und schon halb in der Ferienzeit fristgerecht eine qualifizierte Stellungnahme abgeben? An den Fristen sei aber nicht zu rütteln, sagt das RGU, die seien gesetzlich so vorgeschrieben.

Auch anderes ist rätselhaft: Warum werden die Fragen von Bürgern, die sich ernsthaft um ein Verstehen der komplizierten Materie von Grenzwerten, Richtwerten, Anhaltswerten, TA Lärm bemühen, wie Einwendungen gesehen? Nur eine Frage beantwortet sich von selbst: Sollten sich Behörden nicht ein wenig mehr um Transparenz und kreative Lösungen für Betroffene bemühen? Ja, das sollten sie unbedingt.

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Quelle:
SZ vom 16.07.2020
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