München:Stadtrat beschließt erneut Alkoholverbot - diesmal an "Hotspots"
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Am Dienstag hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das stadtweite Verbot gekippt, nun hat der Feriensenat nachgebessert. Dass damit das Problem gelöst sein wird, bezweifelte freilich mancher.
Von Anna Hoben
Der Sommer neigt sich dem Ende zu, doch das große Thema bleibt die Frage, wie sich Menschen auch in Gruppen im Freien aufhalten können und die Ausbreitung der Corona-Pandemie trotzdem eingeschränkt werden kann. Katerstimmung herrschte am Mittwoch im Feriensenat des Stadtrats nicht nach dem Beschluss, mit dem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) tags zuvor das nächtliche Alkoholverbot gekippt hatte - ein Verbot, das sich auf das gesamte Stadtgebiet erstreckt, sei unverhältnismäßig. Also besserte der Stadtrat nach und beschloss, dass die Verwaltung eine neue, präzisere Allgemeinverfügung erlassen soll. Einzig die Linke stimmte nicht zu.
Er respektiere "selbstverständlich die Entscheidung des VGH", sagte Reiter und betonte, dass beide Gerichte, das Verwaltungsgericht und der VGH, ein Alkoholverbot durchaus als probates Mittel bestätigt hätten, um die Ausbreitung der Pandemie zu beschränken. "Das ist für mich das Wesentliche." Gabriele Neff (FDP) berichtete, sie habe am Dienstag von vielen Bürgern gehört, die nach dem Beschluss "die Welt nicht mehr verstanden haben". Nach dem Motto: Endlich tut die Stadt etwas, und dann das. Die CSU hatte einen Dringlichkeitsantrag mitgebracht, mit dem sie eine neue Allgemeinverfügung zu einem Alkoholverbot nach dem "Bamberger Modell" forderte. Das Modell biete Rechtssicherheit, sagte Fraktionsvize Hans Theiss - der VGH hatte die dortige Regelung Mitte August bestätigt. Das Verbot in Bamberg, so Theiss, sei zeitlich befristet sowie auf bestimmte Zeiträume - etwa Nächte an Wochenenden - und Plätze begrenzt.
Es stellte sich dann allerdings heraus, dass das Bamberger Modell etwas anders aussieht, als die CSU gedacht hatte: Wie SPD-Fraktionschef Christian Müller erläuterte, bezieht sich das Verbot in der oberfränkischen Stadt nämlich lediglich auf den Verkauf von Alkohol, nicht jedoch auf dessen Konsum. Der Antrag springe deshalb zu kurz. Theiss war denn auch spontan bereit, die Forderung mündlich um den Alkoholkonsum zu erweitern. Schließlich wurde auf Anregung von Dominik Krause (Grüne) noch der sogenannte Inzidenzwert aufgenommen. Er muss auch bei einem künftigen räumlich beschränkten Alkoholverbot bei über 35 liegen. Der Inzidenzwert sagt aus, wie viele Menschen in der untersuchten Region in sieben Tagen neu erkrankt sind, und zwar nicht in absoluten Zahlen, sondern bezogen auf jeweils 100 000 Einwohner der Region.
Auf diesen nunmehr zweimal nachgebesserten Antrag zur Nachbesserung beim Alkoholverbot konnten sich dann alle einigen, mit Ausnahme von Brigitte Wolf (Linke). So wurde aus einem Antrag zum Bamberger Modell ein Beschluss zu einem neuen Münchner Modell, der sich im Wortlaut so liest: "Die Stadtverwaltung wird beauftragt, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine neue Allgemeinverfügung zu erlassen, die den Konsum sowie den Verkauf von Alkohol 'to go' im Umgriff von sogenannten 'Hotspots' ab einem Inzidenzwert von 35 zeitlich begrenzt verbietet." Auf welche Orte sich das Verbot bezieht und wie lange es gilt, muss die Verwaltung nun ausarbeiten.
Dass damit das Problem gelöst sein wird, bezweifelte freilich mancher. Linken-Stadträtin Wolf wies darauf hin, dass Feierwillige in Zeiten sozialer Medien ihre Hotspots einfach verlegen könnten. Sie befürchtet ein "Hase-und-Igel-Rennen". Der Infektionsschutz werde so "auf keinen Fall erreicht werden". In einem Dringlichkeitsantrag hatte die Fraktion Die Linke/Die Partei gefordert, "geeignete Freiflächen zu finden, auf denen kurzfristig eine minimale Infrastruktur geschaffen werden kann" - Toilettenwagen, Abfalleimer, einfache Sitzgelegenheiten, Pflanzentröge -, damit Menschen sich ohne Konsumzwang in kleinen Gruppen versammeln können.
OB Reiter warf ein, er könne sich schlecht vorstellen, dass die Menschen sich ein paar Hundert Meter von Hotspots wie dem Gärtnerplatz entfernt plötzlich an die Regeln halten würden. Es gehe nicht um die Schaffung eines "Gärtnerplatz 2, 3 oder 4", entgegnete Wolf, sondern um Entzerrung. Die Fraktionen stimmten dem Vorschlag schließlich einstimmig zu, wenngleich die ganze Sache ja ein bisschen "wie die Quadratur des Kreises" sei, wie Christian Müller (SPD) es ausdrückte. "Wer von uns ist denn in jungen Jahren da hingegangen, wo nichts los ist, auch wenn ein paar nette Stühlchen da stehen?" Die Quadratur des Kreises hat indes auch das Wetter in München zu meistern. Vielleicht erledige sich das Problem angesichts des Herbstwetters von selbst, war immer wieder zu hören. Kurz zuvor war beim Thema Saisonverlängerung für die Freibäder noch auf gutes Wetter bis Ende September gehofft worden. Das Wetter ist unsicher. Sicher ist: Es werden weitere Debatten folgen.