Restaurant Aimy:Mit Tamtam und Tamarinde

Restaurant Aimy: Reservieren ist von Vorteil im Restaurant "Aimy", das zu Pandemiezeiten in einem Innenhof des Palais Arco-Zinneberg eröffnet hat.

Reservieren ist von Vorteil im Restaurant "Aimy", das zu Pandemiezeiten in einem Innenhof des Palais Arco-Zinneberg eröffnet hat.

(Foto: Friedrich Bungert)

Gelegen in Münchens Edel-Bermudadreieck lockt das Restaurant "Aimy" mit gehobener südostasiatischer Küche und Feng-Shui-Ambiente. Zwar übertreibt die Küche es zuweilen mit den Wow-Effekten, doch die Fischgerichte und Vorspeisen sind ein Vergnügen.

Von Tankred Tunke

Wer in der Nähe von Oper, Residenz und Wittelsbacher Platz ein Restaurant eröffnen will, braucht erstmal keinen Koch, sondern einen guten Investor. Brienner- und Maximilianstraße bilden auch aus Gastronomensicht Münchens wichtigste Luxusachse, was bekanntlich nicht bedeutet, dass es hier auch durchgängig um eine Achse des guten Geschmacks ginge. Und so verschieden die einzelnen Restaurants hier auch sind, gemeinsam ist vielen der Ehrgeiz, wirklich alles richtig zu machen, von der Wahl des namhaften Inneneinrichters (noch dominiert glamouröser Retro-Chic) über die streng an der Zielgruppe ausgerichtete Speisekarte bis hin zur Sieger-PR. Wie schnell sich in diesem Edel-Bermudadreieck angesichts besonders astronomischer Mieten hinter kleinen Anfangsschnitzern ein Millionengrab auftun kann, davon wusste schon mancher Wirt schmerzhaft zu berichten.

Das Restaurant "Aimy", gelegen in einem Innenhof des Palais Arco-Zinneberg, passt gut in diese schicke Umgebung. Auch weil gehobene südostasiatische Küche - thailändische Fusiongerichte mit vietnamesischen, aber auch indischen, chinesischen oder japanischen Einflüssen - auf Münchner Speisekarten immer noch selten ist. Und auch beim Aimy wurde offenbar vieles richtig gemacht, denn trotz Eröffnung zu Pandemie-Zeiten war es von Beginn an schwierig, an manchen Tagen kurzfristig einen Tisch zu bekommen; besonders am Wochenende ist Reservieren von Vorteil.

Beim Betreten des Restaurants fühlt man sich sofort wohl, was - hier zeigt sich die Professionalität - weniger eine Frage des persönlichen Geschmacks ist. Denn selbst ein Gast, der kein Fan von offenen Ziegelwänden, asiatischen Schnitzereien, Blumenmustern, rot-goldenem Licht (sehr angenehm!) oder mit Edelstahl verspiegelten Wandpaneelen wäre, müsste zugeben: Funktioniert alles hervorragend. Es würde nicht wundern, wenn sich gleich eine Brigade von Feng-Shui-Beratern am Aimy abgearbeitet hätte.

Restaurant Aimy: Offene Ziegelwände, asiatische Schnitzereien, angenehm rot-goldenes Licht: War hier womöglich eine ganze Brigade von Feng-Shui-Beratern am Werk?

Offene Ziegelwände, asiatische Schnitzereien, angenehm rot-goldenes Licht: War hier womöglich eine ganze Brigade von Feng-Shui-Beratern am Werk?

(Foto: Friedrich Bungert)

Der Service ist freundlich und schnell. Gut, vielleicht muss Mineralwasser nicht zwingend im Zwei-Minuten-Takt nachgeschenkt werden, aber will man einem Restaurantleiter ernsthaft vorwerfen, dass er sich kümmert? Zu dem Zeitpunkt hat der Blick in die Karte bereits Lust auf den Abend gemacht, die Auswahl an asiatischen Tapas etwa, die Tagesspecials (Massaman-Curry mit Wachteln!) oder das vielversprechende Angebot an vegetarischen Gerichten und Seafood.

Auch die Cocktails machen Spaß, wir empfehlen etwa den "Akashi Carda Chili" (Akashi Blended Whisky mit Kamille- und Honignoten, Kardamaom-Likör, Chili und Reis-Schaum, 15 Euro). Die an sich interessante Weinkarte dürfte im unteren und mittleren Preissegment noch zulegen. Auffällig viele Positionen, etwa der Château Lafite Rothschild von 1986 zu 2000 Euro, dürften eher auf Prestigetrinker zielen als auf den Wunsch, sein Curry zu begleiten.

Eine Stärke des Aimy sind die Tapas, Salate und Dumplings, wobei der Teller mit den gemischten Vorspeisen ("Amy Starter Collection", 18 Euro pro Person) einen schönen Überblick gibt: knusprige Frühlingsrollen, zweierlei Tartar (Rind und Avocado mit Quinoa), Dumplings, zart scharfer Salat mit Mango, Papaya und wilden Bohnen und fantastisch gewürztem Iberico-Schwein in Wild-Pfeffer-Blättern mit Zitronengras und Szechuan-Soße. Hervorragend auch das Thunfisch-Tartar, das in einer mexikanischen Tortilla kam, mit Tomatensalsa, Kimchi-Creme und schwarzer Walnuss (20 Euro), ein großes Vergnügen aus Crunch, Süße, Säure und gut integrierter Schärfe.

Restaurant Aimy: Die Cocktails machen Spaß im "Aimy", für Prestigetrinker gibt's auch Edelstoffe wie den Château Lafite Rothschild, Jahrgang 1986.

Die Cocktails machen Spaß im "Aimy", für Prestigetrinker gibt's auch Edelstoffe wie den Château Lafite Rothschild, Jahrgang 1986.

(Foto: Friedrich Bungert)

Ebenfalls zu empfehlen: Traditional Laarb Gai (14) - Maishähnchen-Hack mit Röstreis, asiatischen Kräutern und Zitrus-Dressing. Die "Angel Hair Shrimps" (16), Garnelen in knusprigem Filoteig. Und die herrlich lockeren Dumplings, die mit Rinderhack und Kimchi gefüllte Variante (13) sagte uns allerdings mehr zu als die mit Jakobsmuscheln, Shrimps und schwarzen Trüffeln (14).

Auffällig im Aimy ist die durchgängig hohe Qualität der Produkte, wobei sich hier zugleich ein Problem ankündigt. Denn die Küche meint mit Qualität auch edle Trendprodukte, die es einerseits nicht überall bräuchte, um ein tolles Ergebnis zu erzielen, die andererseits aber nicht automatisch ein solches garantieren. Manches Gericht hier hätte schlicht ein wenig mehr Tiefe verdient. So fügen Sesam und Macademia-Nuss dem Hühnchen-Curry auf Erdnussbasis (22) außer weiterer Trägheit geschmacklich kaum etwas hinzu. Auch das zahme Massaman Curry - mit fantastisch zartem Lamm (32) - verharrt aromatisch im Ungefähren.

Und das auf dem Grill tadellos gegarte Iberico-Schwein in asiatischen Gewürzen (28) erhärtet mit seinem milden Geschmack vollends den Verdacht, dass es im Aimy zu oft um Mainstream-Küche auf sehr hohem Niveau geht. Nichts gegen feines, bissfest gegartes Gemüse wie Spargel oder Zuckerschoten; es muss aber nicht in jedem Gericht vorkommen, weil dem Publikum vielleicht nur Dinge zugemutet werden können, die es als edel, bekannt und fotogen identifiziert.

Die SZ-Kostprobe

Die Restaurant-Kritik "Kostprobe" der Süddeutschen Zeitung hat eine lange Tradition: Seit 1975 erscheint sie wöchentlich im Lokalteil, seit einigen Jahren auch Online und mit einer Bewertungsskala. Etwa ein Dutzend kulinarisch bewanderter Redakteurinnen und Redakteure aus sämtlichen Ressorts - von München, Wissen bis zur Politik - schreiben im Wechsel über die Gastronomie in der Stadt. Die Auswahl ist unendlich, die bayerische Wirtschaft kommt genauso dran wie das griechische Fischlokal, die amerikanische Fastfood-Kette, der besondere Bratwurststand oder das mit Sternen dekorierte Gourmetlokal. Das Besondere an der SZ-Kostprobe: Die Autorinnen und Autoren schreiben unter Pseudonym, oft ist dies kulinarisch angehaucht. Sie gehen unerkannt etwa zwei- bis dreimal in das zu testende Lokal, je nachdem wie lange das von der Redaktion vorgegebene Budget reicht. Eiserne Grundregeln: hundert Tage Schonfrist, bis sich die Küche eines neuen Lokals eingearbeitet hat. Und: Nie bei der Arbeit als Restaurantkritiker erwischen lassen - um unbefangen Speis und Trank, Service und Atmosphäre beschreiben zu können. SZ

Besser als manche Fleischgerichte haben uns die Fischteller gefallen. Das edle "Green Seafood Curry Tan Yong" etwa mit in Kokoswasser gegartem Fisch und seiner toll integrierten Schärfe (30). Oder der flambierte Black Cod "Nachaburi Style" (40) mit Karamell-Glasur und wildem Brokkoli. Hier passten das feine Gemüse und der subtil gewürzte gelbe Curry-Schaum gut, weil sie den feinen Geschmack und die fantastische Fleischtextur des "Kohlenfisch'", einer der edelsten Fischsorten, begleiteten statt alles zu übertünchen.

Wunderbar auch vegetarische Teller wie der marinierte Blumenkohl mit Kürbispüree und knusprig geröstetem Tofu (20). Ob es in diesem Gericht teuren schwarzen Honigtauhonig gebraucht hätte, ist eine andere Frage. Jetzt, wo das Aimy schon so viel richtig gemacht hat, dürfte seine Küche weniger auf falsche Wow-Effekte setzen und seine Gäste ein bisschen mehr fordern, dann kämen wir noch lieber wieder.

Aimy, Brienner Straße 10, 80333 München, Telefon: 089/45212755, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11.30 Uhr bis 15 Uhr und 18 Uhr bis 23 Uhr, Samstag 18 Uhr bis 0 Uhr.

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