Verkehr:Der Tunneltraum an der A 96 ist ausgeträumt

Lesezeit: 2 Min.

  • Die Lindauer Autobahn A 96 wird in München weiterhin unter freiem Himmel verlaufen.
  • Jahrelang tobte die Debatte über eine mögliche Einhausung der Trasse, die sich als 50 bis 80 Meter breite Schneise durch die Stadt zieht.
  • Der Planungsausschuss des Stadtrats hat nun die Tunnel-Träume beerdigt und beschlossen, die Idee nicht weiterzuverfolgen.

Von Dominik Hutter, München

Es könnte so schön sein: Wo heute auf sechs Spuren die Autos vorbeisausen, befindet sich plötzlich ein Wohngebiet mit viel Grün. Der Verkehr rauscht derweil unbemerkt durch einen Betonkasten, eine sogenannte Einhausung - diese "oberirdischen Tunnel" tauchen regelmäßig auf dem Wunschzettel von Anwohnern und Kommunalpolitikern auf. So auch bei der Lindauer Autobahn A 96, die sich als 50 bis 80 Meter breite Schneise durch die Stadt zieht.

Am Autobahnende in Sendling sind es wegen der Abfahrten sogar weit über 100 Meter. Die Debatte über eine Einhausung dieser stark belasteten Trasse tobt schon seit vielen Jahren. Nach einer näheren Betrachtung durch die Experten des Planungsreferats gilt nun jedoch: Der Traum ist aus. Die A 96 wird weiter unter freiem Himmel verlaufen.

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Das Urteil der Planer ist fatal und sehr deutlich ausgefallen - der Planungsausschuss des Stadtrats hat denn auch alle Tunnel-Träume beerdigt und beschlossen, die Idee nicht weiterzuverfolgen. Aus verschiedenen Gründen: Da sind einmal die Kosten, die die Experten auf 113 000 Euro schätzen - je laufenden Meter. Da zwischen Sendling und Stadtgrenze 4,2 Kilometer liegen, müssten im Extremfall bis zu 475 Millionen Euro in die Hand genommen werden.

Die Frage, wo das Geld herkommen müsste, ist leicht beantwortet: von der Stadt München. Der Bund, der eigentlich für die Autobahn zuständig ist, hat bereits klargemacht, dass er keinerlei Motivation hat, einen Beitrag zu leisten. Und da auf absehbare Zeit kein Ausbau der Autobahn ansteht, entsteht auch keine juristische Verpflichtung zu verbessertem Lärmschutz. Stadtkämmerer Christoph Frey warnt daher davor, dem Rathaus einen solchen Millionen-Posten aufzubürden. Zumal dann ein Präzedenzfall mit unabsehbaren Folgen entstehe. Denn eigentlich ist die Stadt für Lärmschutz an Bundesautobahnen nicht zuständig.

Die Donauufer-Autobahn wurde überbaut

Blöd ist aus der Münchner Perspektive auch, dass die Fläche der Autobahn ja dem Bund gehört, etwaige Erlöse aus einer Überbauung mit Wohnhäusern daher nicht in den Kassen der Stadt landen würden. Vermutlich müsste die Stadt sogar noch eine erkleckliche Summe an den Bund zahlen - als Ablöse, weil die Autobahndirektion dauerhaft den Unterhalt der Einhausung übernehmen müsste. Zudem ist man im Stadtrat nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre nur wenig zuversichtlich, dass der Bund rasch und entschlossen Häuser mit bezahlbaren Wohnungen auf den Autobahndeckel setzt.

In Deutschland haben die Münchner Planer lediglich eine einzige Autobahn-Überbauung mit Wohnhäusern ausgemacht: in Berlin-Wilmersdorf. Der sogenannte Wohnpark, 1976 bis 1980 errichtet, gilt allerdings wegen Problemen mit Statik, Luftqualität, Lärmschutz und Wirtschaftlichkeit nicht gerade als Musterbeispiel urbanen Bauens. Da sieht es in Wien-Kaisermühlen schon besser aus, dort wurde die Donauufer-Autobahn überbaut.

Nur: Idealerweise stehen für ein neues Wohnquartier nicht nur der Deckel der Autobahn, sondern auch Flächen der unmittelbaren Umgebung zur Verfügung. Was an der Lindauer Autobahn schwierig ist, da speziell zwischen Laim und Blumenau die Häuser so nah an der Autobahn stehen, dass auf der Einhausung nicht einmal ein vernünftiger Sportplatz unterkäme.

Da obendrein vergleichsweise wenige Menschen an der A 96 wohnen und nur wenige von Überschreitungen der Lärmgrenzwerte betroffen sind, rät das Planungsreferat von einer Einhausung ab. Der Stadtrat will als Minimal-Verbesserung nun zumindest Tempo 60 auf dem Abschnitt prüfen lassen.

© SZ vom 18.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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