Königlich ist am Samstag beim 867. Münchner Stadtgeburtstag fast alles: das Wetter, die Stimmung und das Motto „Glanz, Gloria und Genuss“. Denn von allem gibt es etwas. Am meisten aber vom Glanz – wenn man die Sonne einbezieht, die schon am Vormittag Schirme und Liegestühle zu den beliebtesten Objekten macht.
Das Gold des großen Throns glänzt nicht. Er steht im Schatten unter einem Dach am Marienplatz. Jede Minute nimmt ein anderer Besucher auf dem roten Samtpolster Platz. Handy-Fotos in Dauerschleife. Warum sich nicht einmal für einen Augenblick majestätisch fühlen? Inmitten von „echten“ Hoheiten. Rund um den Thron stehen Produktköniginnen und -prinzessinnen. Die 24-jährige Weinprinzessin aus Schweinfurt zum Beispiel, in einem rosafarbenen Dirndl, im Täschchen findet sich ein farblich zum Dirndl passender kleiner Ventilator.
Julia Häckner strahlt, wie alle Hoheiten. Ein Strahlen, das bei den vielen Thronbesuchern schon auch anstrengend sein kann, wie sie sagen, aber das nehme man gerne in Kauf. Schließlich wollten sie ihre jeweiligen Regionen gut präsentieren. Etwa den Bodensee oder das Dreisesselgebiet im Bayerischen Wald. „Mir ist es wichtig, den Menschen die regionale Landwirtschaft näherzubringen“, sagt die Hallertauer Hopfenkönigin Eva Maria Pichlmeyer, 22. Und dann lächeln sie wieder. Diesmal für Katharina. Die 22-Jährige macht ein Auslandssemester in München. Sie lebt in Amerika. Aber ein Drindl hat sie trotzdem angezogen. „Das wollte ich unbedingt.“ Auf dem Thron passt sie damit gut in die königliche Gesellschaft.
Ein Programmheft braucht es für die zwei Geburtstags-Tage wahrlich nicht. Man lässt sich treiben, vom Rindermarkt mit irischer Musik zum Odeonsplatz, von Schattenplatz zu Schattenplatz, von einem Kunsthandwerkerstand zum nächsten. Fein gearbeitete Schmuckstücke etwa glänzen für moderne Hoheiten in der Sonne.
Bernd Harratsch, 26, der vor zehn Jahren seine Ausbildung als Dachdecker gemacht hat und die Dachdeckerinnung München-Oberbayern vertritt, steht im Handwerkerdorf am Odeonsplatz neben Kimberly. Die 14-Jährige macht sich mit einem Schieferhammer an der Haubrücke zu schaffen. Sie will ein Herz aus einem Schieferstück klopfen. „Gar nicht so einfach“, sagt die Realschülerin. Der Hammer sei nicht so leicht.



Wie es einst mal war im alten „Munichen“, das 1158 gegründet worden ist, können vor allem Kinder im Alten Hof erahnen. Dort machen sie in der Hofküche einen Brotaufstrich. Sie schnitzen Löffel, üben sich im Blaudruck oder Korbflechten. „Das ist toll, was hier angeboten wird. Einfach mal etwas anderes“, sagt Bernhard Haußmann, 46. Sein Sohn hat die Arme gerade im Brotteig versenkt. In der Hofapotheke übrigens spielt Severin Müller, 27, den Heilkundigen aus damaliger Zeit. Er verkauft reines Heilwasser. „Weil doch das Wasser in München so dreckig war“, erklärt er.

Ein leises Rascheln kündigt dann hohen Besuch an. Sisi, Kaiserin von Österreich, schlendert in großer Robe durch Münchens Innenstadt. Huldvoll, mit weißem Sonnenschirm und am Arm von König Ludwig II. „Schau, die Sisi“, ruft eine Frau, und Edith Liebl winkt. „Sehr warm“ sei ihr, sagt sie, aber da müsse man nun „Haltung bewahren“. Schließlich sei es immer ihr „Traum“ gewesen, einmal Sisi sein zu dürfen.
Am Wittelsbacherplatz wird vor der Reiterstatue von Kurfürst Maximilian auf der Open-Air-Tanzfläche übrigens getanzt. Bei 30 Grad Sommerhitze. Keine königlichen Hoftänze. Aber die „Münchner Francaise“ oder einen Zwiefachen könnte man noch am Sonntag im Festsaal des Alten Rathauses lernen.