Süddeutsche Zeitung

Müller-Wohlfahrt betrogen:Mit dem Falschen angelegt

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Erst lockte ein "Finanzcoach" sie mit übertrieben hohen Renditen, dann verlor Karin Müller-Wohlfahrt ihr gesamtes Vermögen. Vor Gericht schildert FC-Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, wie der Angeklagte seine Frau um 570.000 Euro brachte - obwohl dieser von Anfang an einen halbseidenen Eindruck machte.

Von Christian Rost

Der Kontrast könnte schärfer nicht sein: Auf der Anklagebank am Landgericht München I lehnt sich Karlheinz I., 67, mit weißem Haarkranz auf dem Kopf und deutlich übergewichtig in einem braunen Schlabbershirt zurück. Auf dem Zeugenstuhl gegenüber nimmt FC-Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt Platz, er trägt einen dunklen Anzug mit hellblauem Hemd und lila Krawatte. Er ist vier Jahre älter als I., könnte aber glatt als dessen Sohn durchgehen. Das faltenlose Äußere des sportlichen Mediziners verblüfft auch die 15 Zuschauer im Gerichtssaal.

Müller-Wohlfahrt sagt an diesem Montag im Betrugsprozess um Karlheinz I. und seine beiden mutmaßlichen Komplizen aus, die gemeinsam die Frau des Mannschaftsarztes, Karin Müller-Wohlfahrt, um rund 570 000 Euro geprellt haben sollen. Sie versprachen ihr angeblich für ein Investment in der Schweiz eine Rendite von 40 bis 60 Prozent, wobei am Ende fast 100 Prozent des Geldes weg waren.

In der Fußballsprache würde man sagen, dass Karlheinz I. und Dr. Müller-Wohlfahrt nicht in einer Liga spielen. Diesen Eindruck hatte der Arzt selbst, als er eines schönen Tages - "es war abends an einem Wochentag" - nach Hause kam und auf der Terrasse seine Frau, die sich auch als Künstlerin einen Namen gemacht hat, mit einem Mann antraf. Es war I., den eine Immobilienmaklerin dem Ehepaar Müller-Wohlfahrt wärmstens als "Finanzcoach" empfohlen hatte. Tatsächlich ist I. gelernter Drucker, was ihn aber offensichtlich nicht daran hinderte, "ohne Punkt und Komma" für sein Vermögensanlagemodell zu werben. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt beschäftigte sich nicht länger mit dem "beredten" Mann: "Mich hat sein ganzes Erscheinungsbild gestört", berichtet der Zeuge. Das habe er auch seiner Frau später gesagt und geglaubt, der Fall sei für sie ebenfalls erledigt. I. tauchte später sogar noch einmal in der Praxis des Sportmediziners auf, um ihm ein Papier "mit Zahlenspielereien" zu zeigen. Nach zwei Minuten warf ihn Müller-Wohlfahrt hinaus mit dem Vorschlag, I. möge es bei seinem Steuerberater versuchen. Der Steuerberater des Arztes machte es noch kürzer: "Das hat keinen Sinn. Auf Wiedersehen", sagte er zu I. Richter Peter Noll gefiel das: "Guter Mann, Ihr Steuerberater", gratulierte der Vorsitzende.

Bei Karin Müller-Wohlfahrt hatte I. Erfolg. Ohne das Wissen ihres Mannes überließ sie ihm ihre gesamten Ersparnisse von 570 000 Euro, die er angeblich mit Hilfe eines Traders am Rohstoffmarkt vervielfachen wollte. Tatsächlich bedienten sich die drei Angeklagten laut Staatsanwaltschaft zuerst selbst an den Einlagen ihrer Schweizer Briefkastenfirma, ehe mit dem Rest erfolglos spekuliert wurde.

Seine Frau sei zu wenig kritisch gewesen und habe I. vertraut, so Müller-Wohlfahrt. Als das Geld verloren war, habe sie ihm "das Missgeschick" gebeichtet. Ähnlich hatte sich am Montagvormittag schon die Geschädigte selbst vor Gericht geäußert. Sie habe gedacht, dass das Anlagemodell funktioniere. Ihr Mann glaubte das nie: "Ich verstehe nicht, dass Leute immer wieder auf so etwas reinfallen." Der Prozess dauert an.

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Quelle:
SZ vom 03.12.2013
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