Süddeutsche Zeitung

Mozartfest Augsburg:Neue Sicht auf alte Klassiker

Das Mozartfest Augsburg wird im Programm unverändert nachgeholt. Ein Glück, denn die Verbindungen zwischen Mozart und Beethoven, die hier in den kommenden Wochen aufgezeigt werden, sind mutig, spannend und gewitzt

Von Franziska Herrmann

Musikalische Welten liegen zwischen Mozart und Beethoven und doch gehören sie untrennbar zusammen. Sie waren ähnlich alt und werden gerne zusammen mit Haydn zur "Wiener Klassik" gezählt. Der 1756 geborene Wolfgang Amadeus Mozart beginnt früh mit dem Aufbrechen herkömmlicher musikalischer Formen. Mit nur 35 Jahren stirbt er. Wie er die Musik noch verändert hätte? Wir wissen es nicht. Auf eine gewisse Weise ist er ein Unvollendeter. Der 1770 geborene Ludwig van Beethoven hingegen kann seinen Weg weitergehen - und darüber hinaus. Er sprengt formale Fesseln und löst sich aus Mozarts Schatten.

Das Deutsche Mozartfest der Stadt Augsburg geht in diesem Jahr von Freitag, 9. Oktober, bis Samstag, 31. Oktober, über die Bühne. Das alljährlich stattfindende Festival holt für insgesamt zwölf Konzerte weltbekannte Künstler und Künstlerinnen in die Heimatstadt von Leopold Mozart, dem Vater des berühmten Wolfgang. Unter dem Kürzel-Titel "MZRT & BTHVN" begibt sich der künstlerische Leiter Simon Pickel im Beethoven-Jubiläums-Jahr 2020 auf die Suche nach Verbindungen, Trennlinien und Übergängen zwischen den beiden Komponisten. Das ursprünglich für Mai vorgesehene Programm ist fast vollständig erhalten geblieben, "was ein kleines Wunder ist", erzählt Simon Pickel. "Ein schönes Konzerterlebnis soll echt, vor Ort und gemeinsam stattfinden. Daher sind wir sehr froh darüber, dass das Festival nun tatsächlich live stattfinden kann."

Der dramaturgische Bogen spannt sich vom frühen zum späten Mozart, vom jungen zum betagten Beethoven und vielen Querverweisen dieser musikalischen Epoche. Nicht fehlen dürfen dabei natürlich ikonische Werke wie Mozarts Requiem am Samstag, 10. Oktober, sowie die Beethoven-Sinfonien Fünf und Sechs, jeweils gespielt von der Akademie für Alte Musik Berlin, dem "Orchestra in Residence" des Mozartfests. Das von Mythen umrankte Mozart-Requiem wird in einer neuen Ergänzung von Howard Arman, dem künstlerischen Leiter des Chors des Bayerischen Rundfunks, im großen "Kongress im Park" zu hören sein. Um eine Plattform für das Orchester im Zuschauerraum wurde der Saal dabei eigens ergänzt. So können die 27 Sänger des Chors und das Orchester Platz finden und genügend Abstand halten. Rund 15 Jahre hat Arman an seiner Idee einer Vollendung des Requiems gearbeitet, die im Januar 2020 Premiere hatte und beim Mozartfest erst zum zweiten Mal gespielt wird.

Die Beethoven-Sinfonien sind jeweils im Dialog mit musikalischen Vorbildern zu hören. Mozarts letzte vier Sinfonien sind sein instrumentales Vermächtnis. In diesem und im nächsten Jahr erklingen alle vier Werke, gespielt von unterschiedlichen Orchestern. Den Auftakt des Zyklus' bildet die "Prager Sinfonie" mit dem Stuttgarter Kammerorchester am Sonntag, 11. Oktober; zuvor interpretiert Thomas Zehetmair Mozarts G-Dur-Violinkonzert. Gefolgt von der "Jupiter-Sinfonie" mit der Bayerischen Kammerphilharmonie und einem Vorspiel der Pianistin Sophie Pacini mit Beethovens Klavierkonzert Nr. 2, am Samstag, 17. Oktober.

Die etablierte Kammermusikreihe "Freistil" von und mit Sarah Christian an der Violine und Maximilian Hornung am Cello lädt am Montag und Dienstag, 12. und 13. Oktober, zu einer akustischen Zeitreise ein, bei der Mozart und Beethoven musikalisch miteinander verschmelzen. Der Pianist Lars Vogt, der seit diesem Jahr auch Chefdirigent des "Orchestre de Chambre de Paris" ist, spielt am Sonntag, 18. Oktober, in der Kirche Evangelisch St. Ulrich mit der "Hammerklaviersonate" von Beethoven ein besonderes Werk der Musikgeschichte. Lange Zeit galt sie als unspielbar. Bei ihrer Komposition, war Beethoven bereits fast taub, doch auf seinem musikalischen Höhepunkt.

Mozartfest Augsburg, Freitag, 9., bis Samstag, 31. Oktober, Programm unter www.mozartstadt.de

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SZ vom 09.10.2020
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