Motorradbanden in Bayern:Rockerclubs breiten sich im Münchner Umland aus

Drogenhandel, Waffengeschäfte und Gewalt: Rockergruppen wie Hells Angels oder Bandidos sorgen auch in München für Ärger. Und sie bekommen immer mehr Mitglieder. Die Polizei ist besorgt. Doch ein Verbot wäre, gerade in Bayern, sinnlos.

Florian Fuchs

Nahe Hannover haben Spezialkräfte erst vor kurzem das Anwesen des dortigen Hells-Angels-Chefs gestürmt, in Berlin und Brandenburg ist die Polizei am Donnerstag mit einem Großeinsatz gegen die konkurrierenden Bandidos vorgegangen.

Polizei nimmt zwei in Italien gesuchte Hells-Angels-Mitglieder fest

Auch in der Region München gibt es immer mehr Rockergruppen.

(Foto: dapd)

Auch in München werden zahlreiche Vergehen im Rotlichtmilieu, beim Drogenhandel, Waffengeschäften sowie bei Gewaltdelikten der Rockerszene zugerechnet. "Auch wenn bei uns keine Verhältnisse wie in Norddeutschland herrschen", sagt Andreas Gollwitzer von dem für Organisierte Kriminalität zuständigen Kommissariat des Polizeipräsidiums München. Die Ermittler beobachten allerdings mit wachsender Sorge, dass sich die großen Rockerclubs zunehmend im Münchner Umland ausbreiten und auch in kleineren Städten Stützpunkte errichten.

Laut Gollwitzer sind in München die Rockerclubs Bandidos, Hells Angels, Gremium MC und Trust MC aktiv, im Umland und anderen Städten Bayerns unterhalten zusätzlich die Outlaws eigene Gruppen. Ihre regionalen Gruppierungen nennen die Rocker Chapter, bei den Hells Angels heißen sie Charter.

Das Landeskriminalamt zählt in Bayern insgesamt 120 solcher Zusammenschlüsse mit etwa 1400 Mitgliedern - Tendenz steigend. In München unterhalten die Bandidos und die Hells Angels sogar je zwei Chapter und Charter, insgesamt zählt die Polizei in der Stadt 150 Rocker. Die meisten Anhänger haben die Höllenengel mit 70 Mitgliedern.

Schon länger beobachten Fahnder, dass Rockerclubs vermehrt sogenannte Supportergruppen bilden, um sich bei Straftaten nicht selbst die Hände schmutzig zu machen.

Diese Zusammenschlüsse, die bei den Hells Angels etwa "Regiment 81" oder "Brigade 81" heißen, bestehen aus Anwärtern, die vollwertige Mitglieder werden wollen und sich dafür erst beweisen müssen. Sie werden etwa für Objekt- oder Personenschutz eingesetzt. "Da herrscht eine unheimlich hohe Fluktuation, deshalb ist das für uns nur schwer zu überblicken", sagt Gollwitzer.

Die Expansionsstrategie der Rocker zielt aber auch darauf ab, neue vollwertige Chapter und Charter in der Region anzusiedeln, um den Machtbereich der international agierenden Organisationen auszuweiten. Vor allem nach Südbayern hin breiten sich die Rocker momentan aus.

International vernetzt

Die Polizei setzt bei ihren Ermittlungen so gut es geht auf Kommunikation. "Ein Minimaldialog mit den führenden Personen der Gruppen ist möglich", sagt Gollwitzer. Wenn die Ermittler erhöhte Aktivitäten bemerken, dann lassen sie für ein klärendes Gespräch gerne auch mal die Chefs der Gruppen ins Präsidium laden.

Dennoch gibt es immer wieder Probleme. Erst im März mussten Polizisten eine Massenschlägerei auf einem Parkplatz in Pasing stoppen. 60 Männer, darunter auch Schläger der Hells Angels, standen sich mit Messern, Eisenstangen und Bleihandschuhen bewaffnet gegenüber.

Im Mai vergangenen Jahres stürmten Einsatzkräfte bei einem Schlag gegen das Rotlicht- und Drogenmilieu unter anderem auch die Wohnung eines führenden Mitglieds der hiesigen Hells Angels. Bereits 2010 wurde einer der Münchner Präsidenten der Rockertruppe wegen Handels mit Kokain verurteilt.

Im April 2010 hat das bayerische Innenministerium einen Leitfaden an die Polizeipräsidien im Freistaat herausgegeben, wie gegen Rockerclubs vorzugehen ist. Die städtischen Gruppierungen etwa stehen ständig unter Beobachtung:

Beim "World Run", einem internationalen Treffen der Hells Angels, das vor ein paar Tagen mit 2000 Anhängern in Österreich in der Nähe von Graz stattfand, waren auch Kollegen Gollwitzers dabei, um die Münchner Rocker im Auge zu behalten.

Wegen dieser internationalen Vernetzung ist es auch eher unwahrscheinlich, dass in Bayern Verbotsverfahren gegen die Clubs angestrengt werden. "Wenn wir die hier verbieten, dann könnten sich die Münchner einfach in Österreich neu gründen und von dort aus weiter operieren", sagt ein Sprecher des Innenministeriums.

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