Rechtsextremismus:Nazi-Netzwerk steht offenbar hinter Bombendrohungen

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Ein Polizist steht vor dem Islamischen Zentrum München. Wegen Bombendrohungen hatte die Polizei Mitte Juli zwei Moscheen räumen lassen. (Foto: dpa)
  • Die Moscheen in Pasing und Freimann waren vor zwei Wochen Ziel von Bombendrohungen.
  • Die Schreiben waren nach Informationen der SZ mit "Blood & Honour" unterzeichnet und sind Teil einer bundesweiten Droh-Mail-Serie gegen muslimische Gotteshäuser.

Von Martin Bernstein

Die Bombendrohungen gegen zwei Moscheen in Pasing und Freimann vor zwei Wochen sind Teil einer bundesweiten Droh-Mail-Serie gegen muslimische Gotteshäuser. Die Münchner Schreiben waren nach Informationen der SZ mit "Blood & Honour" unterzeichnet, ein seit 2001 in Deutschland verbotenes Neonazi-Netzwerk.

Wie ernst die Sicherheitsbehörden die Drohungen nehmen, geht aus einer Antwort von Innenmister Joachim Herrmann (CSU) auf eine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Cemal Bozoglu hervor. Demnach werden die Ermittlungen "für München unter Sachleitung der Generalstaatsanwaltschaft München (ZET)" geführt. ZET steht für bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Sie wird immer dann aktiv, wenn einer Tat "eine extremistische oder terroristische Motivation zugrunde liegt und ihr eine besondere Bedeutung zukommt".

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Der Tag, an dem die Bombendrohungen bei den Münchner Moscheevereinen eingingen, könnte bewusst gewählt worden sein: Der 11. Juli war der erste Jahrestag des Münchner NSU-Urteils. Zwischen der rechtsextremen Terrorgruppe und "Blood & Honour" gab es vielfältige personelle Verflechtungen. Die Pasinger Haci Bayram Moschee, auf die 2001 und 2015 bereits zwei Brandanschläge verübt worden waren, gehörte nach Informationen der antifaschistischen Münchner Dokumentationsstelle Aida Archiv "zu den vom NSU-Netzwerk recherchierten potenziellen Tatorten".

Die Hinweise auf einen möglichen rechtsterroristischen Hintergrund der Münchner Drohschreiben erhielten am Montag zusätzliche Nahrung, als weitere Moscheen des türkisch-islamischen Dachverbands Ditib in Duisburg, Mannheim und Mainz sowie die Linken-Parteizentrale in Berlin und am Dienstag eine Moschee in Villingen-Schwenningen nach Bombendrohungen geräumt wurden.

In Duisburg und Berlin waren die Drohschreiben jeweils mit "Combat 18" unterzeichnet. Die derzeit noch nicht verbotene Gruppe gilt als bewaffneter Arm von "Blood & Honour". Ihr Name steht für "Kampfgruppe Adolf Hitler". Zuvor hatte es Bombendrohungen gegen Moscheen in Iserlohn und Köln gegeben. "Ein Zusammenhang mit weiteren Drohmails wird geprüft", bestätigte ein Sprecher der Münchner Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch.

Vor dem Verbot der deutschen "Division" von "Blood & Honour" hatte das Landesamt für Verfassungsschutz dem Neonazi-Netzwerk in Bayern rund 20 Personen zugerechnet. Und heute? Eine Antwort blieb das Innenministerium auf Anfrage Bozoglus im März schuldig - unter Hinweis auf ein laufendes Ermittlungsverfahren.

"Ich persönlich glaube ja, dass das Netzwerk nie weg war", sagte der Münchner SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter bereits im Dezember. Damals waren in einer bundesweiten Aktion gegen "Blood & Honour" 15 Objekte durchsucht worden - acht davon in Bayern. Zwei von fünf damals festgenommene Personen stammten aus dem Freistaat, insgesamt war die Rede von zwölf Beschuldigten.

Innenminister Herrmann sprach von "Rädelsführern" und "Hintermännern". Und es gibt Hinweise auf weitere Sympathisanten der Neonazi-Netzwerke in München. So fiel der Polizei im August vergangenen Jahres im Grünwalder Stadion ein Fan der Münchner Löwen auf, der auf seiner Brust ein Tattoo des "Blood & Honour"-Gründers trug. Immer wieder tauchen Symbole und Schriftzüge der beiden miteinander verbundenen Neonazi-Netzwerke auf Kleidungsstücken oder rechten Graffiti und Aufklebern auf.

In Pasing und Freimann waren vor zwei Wochen etwa 50 Polizisten im Einsatz gewesen, die die Gläubigen ins Freie baten und mit Hunden die Moscheen absuchten. Gefunden wurde nichts. Das für Rechtsextremismus zuständige Kommissariat übernahm die Ermittlungen. Die Pasinger Moschee hat sich mit ihren Bemühungen um den interreligiösen Dialog einen Namen gemacht. Zum Schutz der Moscheen werden laut Herrmann "alle rechtlich und tatsächlich möglichen präventiven und repressiven Maßnahmen" ergriffen.

© SZ vom 25.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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