Moschee-Pläne:"Wo wir nicht erwünscht sind, bauen wir nicht"

Moschee am Gotzinger Platz: Mustafa Temel, Religionsattaché am türkischen Generalkonsulat, glaubt nicht mehr an den Erfolg des Projekts.

Monika Maier-Albang

Seit Jahren gibt es Streit darüber, ob in Sendling am Gotzinger Platz eine Moschee gebaut werden soll. Zunächst war die CSU dagegen; mittlerweile stehen finanzielle Probleme im Vordergrund: Dem türkischen Trägerverein Ditim fehlt das Geld - und offenbar auch die Motivation. Die SZ sprach zu dem umkämpften Bauvorhaben mit dem Religionsattaché am türkischen Generalkonsulat in München, Mustafa Temel. Er vertritt das türkische "Amt für Religiöse Angelegenheiten", das den Dachverband Ditib und die einzelnen Moscheeverbände beaufsichtigt.

Moschee-Pläne: Der Gotzinger Platz.

Der Gotzinger Platz.

(Foto: Foto: Andreas Heddergott)

Süddeutsche Zeitung: Würden Sie sich über eine neue Moschee am Gotzinger Platz freuen?

Mustafa Temel: Natürlich würde ich mich freuen. Aber für solch einen Bau braucht man die Unterstützung der Bevölkerung. Es gibt ja mittlerweile bundesweit rund 900 Moscheen von Ditib; das wäre ohne die Toleranz der Deutschen nicht möglich gewesen. In München aber hat es von Anfang an Ärger um den Neubau gegeben. Als ich 2005 meinen Dienst hier angefangen habe, hatten der Moscheebauverein Ditim und die Stadt ja bereits eine Vereinbarung getroffen. Meines Erachtens wäre es besser gewesen, wenn der Verein vorher einen Konsens mit der Nachbarschaft erzielt hätte.

SZ: Es gibt im Stadtrat eine breite Mehrheit für den Bau der Moschee. Es hakt momentan nicht in erster Linie am Widerstand der Bevölkerung, sondern daran, dass der Moscheeverein zu wenig Geld hat. Können Sie da helfen?

Temel: Die Moscheen baut nicht der türkische Staat. Das liegt in der Verantwortung der Moscheevereine. Wir hatten lange Zeit das Gefühl, dass der Moscheeverein in Sendling dieses Projekt schaffen kann, aber dann fingen die rechtlichen Auseinandersetzungen an. Wenn ein Gotteshaus gebaut werden soll, sollte das mit dem Einverständnis der Bevölkerung geschehen, nicht gegen sie.

SZ:Geben Sie politische Rückendeckung für den Moscheebau? Oder wäre Ihnen lieber, dass der Verein vom Neubau absähe?

Temel: Ich habe den Verein unterstützt bis zu dem Zeitpunkt, als es vor Gericht ging. Damals hatte ich dafür plädiert, es nicht auf eine Klage ankommen zu lassen. Aber der Verein hat sich gegen meinen Rat entschieden. Vor dieser Entscheidung habe ich Respekt. Jedoch ist es nicht in unserem Sinne, eine religiöse Stätte dort zu bauen, wo wir nicht erwünscht sind.

Teil 2: München und Köln im Vergleich

SZ: Auch in Köln gibt es Widerstände in der Bevölkerung - und trotzdem unterstützt das Amt für Religiöse Angelegenheiten, Diyanet, den Bau der DitibZentralmoschee in Köln-Ehrenfeld.

Temel: In Köln ist die Lage anders. Dort entsteht die Moschee in einem Gebiet, wo sie niemanden stört. In München will der Verein im Wohngebiet bauen. Ich verstehe, wenn Anwohner hier zu viel Verkehr fürchten. Wir wollen nicht, dass es wegen einer Moschee Verstimmungen gibt, weder mit der Bevölkerung noch mit der Politik.

SZ: Befürworten Sie nun, dass die Moschee gebaut wird, oder tun Sie dies nicht?

Temel: Ich habe keinen Einfluss darauf, wie der Verein entscheidet. Natürlich würde ich mich freuen, wenn meine Landsleute so schöne Gebetsräume und so ein schönes Kulturzentrum hätten wie etwa die jüdische Gemeinde am St.-Jakobs-Platz. Doch die türkische Bevölkerung ist durch die Diskussion der vergangenen Jahre verunsichert.

SZ: Das Grundstück an der Schanzenbachstraße gehört dem Zentralverband in Köln. Der Münchner Verein Ditim hat den Verkaufserlös eingeplant für den Neubau, doch nun ist es angeblich nicht sicher, dass sie das Geld dafür verwenden dürfen.

Temel: Ditim kann das Geld zur Verwirklichung des Moscheeprojekts verwenden. Aber wenn man das Grundstück verkauft, reicht das nicht einmal für den Ankauf des neuen Areals am Gotzinger Platz. Die Finanzierungslücke ist immer noch enorm. Der Verein hätte das Ganze besser vorbereiten müssen.

SZ: Der Dachverband in Köln müsste für den Neubau bürgen. Ist Ditib das ökonomische Risiko zu groß?

Temel: Die Gefahr besteht, dass Ditib für einen Millionenbetrag bürgt, dem Münchner Verein aber die Finanzierung nicht gelingt. Dann steht man mit einer Bauruine da und hat gar nichts.

SZ: Oberbürgermeister Christian Ude hatte sich für den Moscheebau in Sendling stark gemacht. Stößt man ihn und andere Politiker jetzt nicht vor den Kopf, wenn man den Münchner Moscheeverein fallen lässt?

Temel: Wie gesagt, es war nicht mein Wunsch, die Diskussion so lange hinzuziehen. Der Verein hat jetzt bis Ende Juni Zeit, dann muss es eine Entscheidung geben. Ich spüre nach den langen Debatten bei meinen Landsleuten eine Ermüdung. Es ist viel Kraft verlorengegangen, die Begeisterung hat nachgelassen. Doch es braucht diese Begeisterung für so ein großes Projekt - auf beiden Seiten. Ganz habe ich die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben.

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