Moschee optisch unpassend:Ein Kampf um Minarette, Kirchtürme und Bierzelte

Die Aufsichtsbehörde stoppt das Vorhaben der Stadt, den Bau einer Moschee in Sendling zu beschleunigen. Oberbürgermeister Ude will nun den Rechtsweg gehen.

Berthold Neff und Joachim Käppner

Die Regierung von Oberbayern hat am Montag den baurechtlichen Vorbescheid der Stadt für den Bau der Moschee am Gotzinger Platz aufgehoben. Das geplante türkisch-islamische Kulturzentrum füge sich nicht in die nähere Umgebung ein, weil es über eine im Mischgebiet zulässige Anlage für religiöse und kulturelle Zwecke hinausgehe, heißt es in der Entscheidung der Regierung von Oberbayern.

Die Stadt will laut OB Christian Ude (SPD) rechtlich gegen sie vorgehen, entweder als direkter Kläger oder als Verfahrensbeteiligter. Der Süddeutschen Zeitung sagte der Oberbürgermeister, folge man den Argumenten der Bezirksregierung, "dürften wir in der Nähe von Barockkirchen generell nur noch Barockfassaden bauen".

Im Bierzelt gegen die Moschee gewettert

Der Aufsichtsbehörde sei es gelungen, "bei ihrer Entscheidung jeden Anschein ordnungsgemäßen Verwaltungshandelns zu vermeiden"; sie habe "monatelang in voller Kenntnis der städtischen Planungen nichts getan" und sei erst tätig geworden, nachdem "Ministerpräsident Stoiber im Bierzelt gegen die Moschee gewettert hat".

Gegen den städtischen Vorbescheid hatten zwei Nachbarn Widerspruch eingelegt. Die Regierung von Oberbayern stützt ihre Entscheidung nicht nur darauf, dass dort eine "zentrale Anlage religiöser Betätigung mit überregionalem Einzugsbereich" entstehe, sondern bemängelt auch den "nahezu quadratischen Baukörper mit entsprechenden Abmessungen", der im Geviert nicht üblich sei.

Der "massive Baukörper" verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme: Das südliche Minarett halte nicht die gesetzlichen Mindestabstände zu den Nachbarn ein. Deren Interessen seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Dies betreffe insbesondere die geschützten Rechtsgüter "der Belichtung und Besonnung sowie die Gewährleistung des sozialen Wohnfriedens".

Schließlich beeinträchtige die geplante Moschee auch das Ortsbild. Der massige und quadratische Baukörper mit Kuppel und Minaretten beeinträchtige die städtebauliche Struktur des Gotzinger Platzes. Dieser sei durch die Pfarrkirche St. Korbinian, den Neubarockbau der Volksschule und durch eine Mietshausgruppe aus den 20er Jahren geprägt. Dieses Ensemble stehe unter Denkmalschutz.

Der Baukörper komplettiere "nicht die räumlichen und städtebaulichen Qualitäten dieses Ortes, sondern wirkt dort als Fremdkörper". Deshalb könne dieses Vorhaben nur verwirklicht werden, "wenn hierfür ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt wird".

"Keinerlei Versuche einer rechtlichen Begründung"

Die Regierung von Oberbayern, die Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) unterstellt ist, hatte das Verfahren zur Aufhebung des städtischen Vorbescheids im Juli angestrengt. Stadtbaurätin Christiane Thalgott kritisierte damals das "verletzend knapp gehaltene" Schreiben der Regierung, das "keinerlei Versuche einer rechtlichen Begründung" enthalte.

Zuvor hatte Innenminister Beckstein im bayerischen Kabinett angekündigt, dass er es unterbinden werde, dieses Projekt lediglich nach dem vereinfachten Verfahren per Vorbescheid zu verwirklichen. Die Muslime in München brauchten zwar eine Moschee, so Beckstein, dafür sei aber das korrekte Verfahren einzuhalten.

Die Rathaus-CSU sieht durch das Vorgehen der Regierung von Oberbayern "alle Bedenken bestätigt, die die CSU gegen den Bau an dieser Stelle vorgebracht hat". Dadurch seien die Interessen der Sendlinger Bürgerinnen und Bürger gestärkt worden.

Der CSU-Fraktionsvize Josef Schmid: "Noch deutlicher kann man nicht vor Augen geführt bekommen, dass man als Oberbürgermeister nicht auf Biegen und Brechen und ohne Rücksicht auf die Bürger seinen Willen durchsetzen sollte." Der Bebauungsplan biete das geeignete Instrument, damit über die Moschee "im Konsens und nicht von oben herab über die Köpfe der Menschen entschieden" werde. Die Stadt solle deshalb den Widerspruchsbescheid akzeptieren, anstatt dagegen zu klagen.

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