Süddeutsche Zeitung

Mordfall Böhringer:"Die Schlinge zieht sich zu"

Für die Polizei ist klar, dass der Neffe Charlotte Böhringer in ihrem Penthaus erschlagen hat. Die Anwälte weisen alle Vorwürfe zurück und versuchen eine Freilassung des 31-Jährigen zu erwirken.

Von Susi Wimmer

"Die Schlinge zieht sich zu", sagt Josef Wilfling. Gut eine Woche nach dem Mord an der Geschäftsfrau Charlotte Böhringer ist der Leiter der Mordkommission fest davon überzeugt, mit dem Neffen Bence T. den mutmaßlichen Täter verhaftet zu haben. Der 31-Jährige schweige bislang, "was sein gutes Recht ist", wie Wilfling meint. Dafür haben sich nun die Anwälte von Bence T. schriftlich an die Presse gewandt, um die Unschuld ihres Mandanten darzulegen. In exakt einer Woche soll vor dem Ermittlungsrichter eine mündliche Haftprüfung stattfinden.

Im Namen von Bence T. weisen die Juristen der Kanzlei Witting, Contzen, Degenhard in der Leopoldstraße alle Vorwürfe zurück, die seitens der Ermittlungsbehörden gegen Bence T. erhoben wurden. Aus Sicht der Verteidigung würden keinerlei Indizien vorliegen, "die die Anordnung von Untersuchungshaft rechtfertigen könnten", heißt es in dem Schreiben. Deshalb haben die Anwälte schon bei Erhalten des Haftbefehls letzten Freitag bei der Staatsanwaltschaft eine mündliche Haftprüfung beantragt. "Die wird nächsten Mittwoch in Stadelheim stattfinden", bestätigt Oberstaatsanwalt Anton Winkler. Bei diesem Termin werde geprüft, ob dringender Tatverdacht bestehe und ob Haftgründe vorliegen.

In Heimtücke erschlagen

Der Haftbefehl gegen Bence T. lautet auf Mord, da in den Augen der Ermittler der 31-Jährige seine Tante "in Heimtücke" erschlagen habe. Das heißt, "der Täter hat die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst ausgenutzt", erklärt Winkler. Die Rechtsanwälte kündigen nun an, dass sich ihr Mandant nächsten Mittwoch "zur Sache äußern und für sämtliche Fragen zur Verfügung stehen" werde. Die Familie der Ermordeten stammt ursprünglich aus Ungarn, die Schwester Charlotte Böhringers zog mit ihren Kindern, darunter Sohn Bence, ebenfalls nach Deutschland.

Für Chef-Ermittler Wilfling indes ist es klar, dass der 31-jährige Neffe am Abend des 15. Mai Charlotte Böhringer in ihrem Penthaus über der Parkgarage in der Baaderstraße mit einem schweren Gegenstand erschlagen hat. "Es gab ein schweres Zerwürfnis zwischen den beiden, das war bekannt. Er hingegen hat behauptet, man hätte sich versöhnt", erklärt Wilfling. Zudem habe Bence T. ein fehlendes, beziehungsweise widersprüchliches Alibi, er habe sich nach der Tat sehr auffällig verhalten "und ein paar Fehler gemacht". Sprich: "Er hat Dinge gemacht, die nur der Täter machen kann", sagt Wilfling.

Ein unangenehmes Gefühl

In den Vernehmungen habe sich der Mann mehrmals selbst widersprochen. Und es gebe eine Reihe von Zeugen, die den Tatverdacht gegen Bence T. "ganz klar erhärtet haben". Vor ihrem Tod habe sich Charlotte Böhringer Freunden anvertraut und geäußert, dass sie ihrem Neffen gegenüber ein unangenehmes Gefühl habe. "Und wir haben Schlüssel in seiner Starnberger Wohnung gefunden, die er nur aus ihrem Penthaus mitgenommen haben kann", zählt Josef Wilfling weiter auf.

Die Mordkommission wird nun weiter ermitteln. DNA-Überprüfungen stehen noch aus, das Umfeld der Toten wird weiter überprüft. Der Tatverdacht gegen Bence T., sagt Wilfling klar, erhärte sich dabei immer mehr. Und: "Bis jetzt haben wir kein einziges entlastendes Indiz gefunden."

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Quelle:
SZ vom 24.5.2006
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