Mordfall Aline K.:Abgeladen auf dem Spielplatz

Leiche Lochhausen

In diesem Wäldchen fand die Polizei die Leiche von Aline K. Am Montag war eine Plastikplane um den Fundort als Sichtschutz aufgespannt.

(Foto: Florian Peljak)
  • Bei der Toten in Langwied handelt es sich nun sicher um Aline K.
  • Forensiker konnten aufgrund des Zahnstatus' die stark verweste Leiche der 30-Jährigen identifizieren.
  • In der Umgebung des Fundortes kannte sich der unter Mordverdacht stehende Lebensgefährte der Frau bestens aus: Michael P. ist dort aufgewachsen.

Von Susi Wimmer

Vier Minuten vor der Pressekonferenz erreicht Herbert Linder vom Mordkommissariat die Nachricht aus der Rechtsmedizin: Die Tote, die Montagnachmittag in einem verschütteten Keller in Langwied gefunden wurde, ist die vermisste Aline K. aus Neuperlach. Aufgrund des Zahnstatus' konnten die Forensiker die stark verweste Leiche der 30-Jährigen identifizieren.

Michael P., ihr Lebensgefährte, soll sie ermordet haben, weil sie sich von ihm trennen wollte. Nach der Tat soll er den toten Körper in einen zwei Meter tiefen Schacht in einem kleinen Wäldchen geworfen haben. Die ausgewerteten Handydaten sowie ein Tipp aus der Nachbarschaft brachten die Ermittler an den Dreilingsweg in Langwied: Hier, keinen Steinwurf von der Fundstelle entfernt, ist Michael P. aufgewachsen.

Der 29-Jährige sitzt seit einer Woche in Untersuchungshaft - und schweigt, auf Anraten seines Anwalts. Die Mordkommission hatte den Münchner schon sehr früh in Verdacht. Am Abend des 8. Oktober, so räumte er anfangs noch ein, habe er sich mit seiner Freundin in der gemeinsamen Wohnung an der Kafkastraße gestritten. Sie habe auf der Couch geschlafen, er habe sich auf sie gesetzt und sie gepackt. Dann könne er sich an nichts mehr erinnern. Außer dass sie aus der Tür gegangen sei und er nichts mehr von ihr gehört habe.

Wo die Leiche entdeckt wurde

Seit dem Tag war Aline K. wie vom Erdboden verschluckt. Erst auf Drängen einer Freundin von Aline K. ging der Lebensgefährte zur Polizei, um eine Vermisstenanzeige zu erstatten. Dabei tischte er der Vermisstenstelle eine Version des Verschwindens seiner Freundin auf, bei der die Ermittler im Zuge ihrer Recherchen auf immer mehr Ungereimtheiten stießen.

Am Dreilingsweg ist es längst dunkel geworden am Montagabend, als die Feuerwehr das kleine Wäldchen ausleuchtet, eine Plastikplane ist als Sichtschutz aufgespannt. Die Feuerwehr versucht die zugeschütteten Reste des Kellers abzustützen, damit die Spurensicherung und die Rettungskräfte gefahrenfrei arbeiten können. Eine Anwohnerin, die mit ihrem Hund vorbeikommt, erzählt, dass dort vor etwa 40 Jahren ein Haus gestanden habe, das irgendwann abgerissen worden sei. Aber in das Wäldchen, das von verpachteten Krautgärten umgeben ist, habe sie sich nie hineingetraut. "Am Weg gibt es nur vereinzelt Straßenlaternen, wenn man abends von der S-Bahn kommt und hier lang muss, ist es schon sehr gruselig", sagt sie.

Hier, so glaubt die Mordkommission, fuhr Michael P. in der Tatnacht mit seinem Wagen bis zu dem Wäldchen und schleifte den toten Körper seiner Freundin bis zu dem Loch. Der 29-Jährige kannte sich bestens aus, er war in der benachbarten Ernst-Bloch-Straße aufgewachsen und nutzte das kleine Wäldchen als Abenteuerspielplatz.

Ein Bekannter aus Kindertagen soll es auch gewesen sein, der nach den Medienveröffentlichungen zum Verschwinden von Aline K. der Mordkommission den Tipp mit dem Wäldchen gab. "Dieser kleine Durchschlupf im Boden war von außen kaum wahrzunehmen", sagt der Erste Kriminalhauptkommissar Herbert Linder. Erst als eine Beamtin mit einer starken Taschenlampe hineinleuchtete, entdeckte sie Teile eines Körpers.

Wie die Beziehung des Verdächtigen zu Aline K. war

Etwa 20 Jahre lang, so erzählt ein Anwohner, habe Michael P. hier gewohnt. Er sei mit zwei Brüdern und seiner Mutter hier aufgewachsen, die Eltern seien geschieden. "Er war immer sehr introvertiert", erzählt der Nachbar. Und: "Seine Mutter war happy, dass er vor kurzem endlich einen Job bei einem Sicherheitsdienst in München gefunden hatte."

Aline K., die als Montagearbeiterin tätig war, muss in der zwölfjährigen Beziehung mit Michael P. nicht gerade glücklich gewesen sein: 2009 versuchte sie schon, sich von ihm zu trennen, doch er machte Druck, sodass sie blieb. Mit einer Spionagesoftware soll er ihr Handy überwacht haben. Offenbar hatte Aline K. einen Arbeitskollegen ins Vertrauen gezogen, der sie vielleicht bei ihrem Vorhaben unterstützte: Sie wollte sich von ihrem Lebensgefährten endlich trennen.

Wie Aline K. ums Leben kam, soll die Obduktion klären. Die Mordkommission geht bislang von einer "Gewalteinwirkung gegen den Hals" aus, Blutspuren wurden offenbar weder in der Wohnung noch im Auto von Michael P. gefunden. "Die Verbindungsdaten der Handys haben bei der Aufklärung eine große Rolle gespielt", erzählt Herbert Linder. "Wir sind glücklich, dass es das Gesetz zur Datenspeicherung gibt." Für Linder ist der Fall geklärt. Die Angehörigen von Aline K. wurden über den Fund der Leiche verständigt. Michael P. nicht. Er saß zumindest bis Dienstagnachmittag ahnungslos in Stadelheim.

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