Mord-Prozess:Um der "Ehre" willen

Gericht verurteilt Familienvater zu lebenslanger Haft. Im April 2005 hatte er in Ismaning einen ehemaligen Freund mit sieben Kopfschüssen getötet.

Alexander Krug

"Das war eine öffentliche Hinrichtung mit demonstrativem Charakter." Hart ins Gericht ging gestern Richter Manfred Götzl mit dem Angeklagten Mustafa A. im so genannten Ehrenmord-Prozess. Nach fast vierwöchiger Dauer verurteilte die Kammer den 57-Jährigen wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Außerdem stellte das Gericht die "besondere Schwere der Schuld" fest. Damit kann der Verurteilte nicht darauf hoffen, nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen zu werden.

Am 29. April vergangenen Jahres hatte Mustafa A. auf dem Bahnhofsvorplatz in Ismaning seinen einstigen Freund Ahmet M., 62, mit sieben Kopfschüssen niedergestreckt. Das Motiv des gebürtigen Türken war Rache und verletztes Ehrgefühl. Ahmet M. hatte Mitte der 80er Jahre die beiden damals noch minderjährigen Töchter des Angeklagten sexuell missbraucht. Mustafa A. hatte davon 1993 erfahren und von da den Entschluss gefasst, den einstigen Freund zur Rechenschaft zu ziehen.

"Stolz und selbstzufrieden"

Jahrelang trug er den Mordplan mit sich herum, bis er ihn im April ausführte. "Es ging ihm dabei nur um sich selbst, um seinen Stolz und seinen Ehrbegriff", stellte Richter Götzl klar. Die Folgen für die beiden Familien seien ihm absolut gleichgültig gewesen. Der Angeklagte habe den völlig arglosen Ahmet M. zunächst am Bahnhof getroffen und sei dann einige Schritte mit ihm gegangen. Dann habe er seine Pistole gezückt und ihn von hinten in den Kopf geschossen. Anschließend sei er "stolz und selbstzufrieden" davongegangen. Einige Passanten, die die Tat miterleben mussten, leiden noch heute unter schweren Traumata. Eine Schülerin musste sogar aus dem Ort wegziehen.

Der Angeklagte hatte behauptet, er sei zuvor von Ahmet M. provoziert worden. Dieser habe seine Töchter als "Huren" beschimpft. Das Gericht nahm ihm diese Aussage nicht ab. Zeugen hätten nichts von einem Streit bemerkt. Ahmet M. sei so arg- und wehrlos gewesen, dass er noch eine Hand in der Hosentasche hatte, als er starb. Das Urteil entsprach dem Antrag von Staatsanwalt Peter Boie. Verteidiger Stephan Lucas hatte wegen Totschlags auf zwölf Jahre Haft plädiert. Er wird voraussichtlich Revision einlegen. Der Angeklagte meinte im Schlusswort: "Ich will zurück in meine Heimat."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: