Moosach:Nicht unterzukriegen

Trotz Regens sind die Veranstaltungen der Stadtteilwoche, die noch bis kommenden Mittwoch weitergeht, bisher bestens besucht

Von Sophie Kobel, Moosach

Mal hämmern die Regentropfen lauter auf das Dach des kleinen blauen Containers, mal leiser. Und manchmal, da ist es eine Stunde lang ganz ruhig in dem kleinen Raum und es scheint sogar ein Sonnenstrahl durch das Fenster auf die kurzen blonden Haare von Brigitte Fait. Die schmunzelt: "Von dem Wetter lassen wir uns sicher nicht unterkriegen. Die Stadtteilwochen finden immer statt, da kennen wir gar nichts", sagt sie und schaut auf die nassen Kinderspielsachen, die auf der Wiese vor dem blau-rot gestreiften Zirkuszelt herumliegen.

Seit über 20 Jahren arbeitet die Münchnerin für das Kulturreferat ihrer Heimatstadt und organisiert mit ihrem Team die Stadtteilwochen, die zwei Mal im Jahr in immer unterschiedlichen Vierteln stattfinden. Vor knapp fünf Jahren hatte sich Moosach für die Veranstaltung beworben, jetzt ist es soweit: Vom 11. bis zum 17. Juli 2019 stehen zwei Zelte am Moosacher St.-Martins-Platz vor dem Pelkovenschlössl, im Herzen des Viertels.

"Insgesamt gibt es mehr als 80 Programmpunkte, da sind wir schon stolz drauf", sagt Fait und geht an einem mit Kindern voll besetzten alten Karussell vorbei, das ein junger Mann mithilfe einer Kurbel von Hand betreibt. "Das ist der Dennis, früher hat sein Papa das Karussell gedreht, und heute macht er das für uns", sagt Fait und winkt kurz, bevor sie an den tropfend nassen Bierbänken vorbei in die Dunkelheit des großen Zirkuszeltes geht.

Dort stehen gerade zehn Mädchen mit selbst gebastelten Bienen-Fühlern auf der Holzbühne und singen das Lied vom Kuckuck, der sich mit dem Esel streitet. Nach und nach stimmen junge und ältere Frauen im Hintergrund mit ein, gemeinsam sind sie der Mehrgenerationenchor des Städtischen Hauses für Kinder in der Skagerrakstraße. "Dieser Chor wurde gegründet, weil Moosach ja schon ein kleiner Brennpunkt ist. Wir haben viele ausländische Kinder in den Kitas, und Gesang ist eine tolle Möglichkeit, auch die Eltern und Großeltern der Kinder mit einzubeziehen", erzählt Rose Bihler Shah nach dem Auftritt und setzt sich auf eine der schmalen Zuschauerbänke. Die Moosacherin leitet den Chor seit über zwei Jahren: "Ich suche immer ganz bewusst alte deutsche Kinderlieder raus, die meistens niemand mehr kennt. Das ist eine Vermittlung von Basiskultur und ist mal was anderes als Hip-Hop, den die Kinder und auch ich sonst aber auch sehr mögen", sagt Bihler Shah und lacht.

Der nächste Auftritt ist an der Reihe und immer mehr Menschen in bunten Regenjacken kommen in das Zelt, an dessen Eingang das Wasser inzwischen in kleinen Bächen herunterläuft. Auf der Bühne inszeniert mittlerweile die Jugend-Theatergruppe "De junga Wuidn" eine Reise mit einem aus Pappe und Styropor gebastelten Flugzeug. Gerade ist die "BoeingM2019" gelandet und die gespielten Touristen stehen vor Tulpen- und Goudaverkäuferinnen, die spitze weiße Hauben über den geflochtenen Zöpfen tragen. Als der erste Sketch vorbei ist, lässt ein blondes Mädchen das junge Publikum raten, in welchem Land sie denn glauben, dass die Maschine nun gelandet sei?

"Dass dieses Theaterstück so interaktiv geworden ist, haben die Jugendlichen bestimmt, nicht wir. Am Ende bekommt jedes erratene Land einen Buchstaben und es ergibt sich ein Lösungswort", erzählt Regisseurin Susi Thullner. Auch diese Botschaft hätten sich die Kids selbst überlegt: "Hallo Europa" steht nach einer Stunde auf großen Buchstaben über der Bühne.

Theateraufführungen lokaler Gruppen wie der erwähnten sind indes nur ein kleiner Teil des einwöchigen Programms, das Fait und ihre Kollegen das ganze Jahr über zusammenstellen. Neben Tänzen, Konzerten, Kabarettauftritten, Lyriklesungen, Vorträgen, einem Mitmachzirkus sowie diversen Führungen durch das Viertel findet dieses Jahr auch eine Kulturdult statt, bei der die örtlichen Vereine ihre Stände aufbauen dürfen.

"Die Locations verteilen wir dabei immer bewusst im ganzen Viertel. Die Moosacher sollen ja sehen, was es hier alles für Künstler gibt, und ihren Bezirk vielleicht ein bisschen anders kennenlernen. Kirchen, Wirtschaften und Bibliotheken machen bei den Stadtteilwochen immer mit, aber dass wir hier das Pelkovenschlössl nutzen dürfen, ist natürlich besonders schön", erzählt Fait und deutet auf das große cremefarbene Gebäude mit den grünen Fensterläden, an denen an diesem Samstagnachmittag mehr und mehr Regentropfen herunterlaufen. Die Münchnerin bleibt trotzdem optimistisch. Sie sagt: "Die Leute kennen uns ja und lassen sich von ein bisschen Regen nicht von kostenlosen Konzerten und Auftritten abhalten, die direkt vor ihrer Haustür aufgebaut werden. Am Freitagabend hat es auch geregnet und wir haben trotzdem händeringend nach zusätzlichen Stühlen gesucht, weil mehr als 200 Menschen zum Hippie-Kammerorchester gekommen sind." Die Münchnerin schlingt ihren Mantel mit Leoparden-Print enger um den Körper: "Das ist ja auch ganz schnuckelig, hier so im Zelt zu sitzen, während draußen der Regen aufs Dach prasselt", sagt sie und lächelt.

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