Moosach:Alles auf Anfang

In einem ehemaligen Asia-Imbiss im Münchner Norden hat der Verein Kunstrefugium ein neues Zuhause gefunden

Von Anita Naujokat, Moosach

Erste Nachbarschaftshilfe haben Ingrid und Frank Müller schon geleistet. Er hilft, das gestrandete Auto von der gegenüberliegenden E-Zapfsäule quer über die Straße wegzuschieben. Der Fahrer wollte sein Auto aufladen, hatte aber keinen Saft mehr für seine App. Also muss auch das Gerät noch aufgeladen werden, wofür er auf Strom hofft. Dabei haben Ingrid und Frank Müller wenige Tage vor der Eröffnung ihres neuen Kunsttreffs in Moosach selbst genug zu tun.

Nach 90 Ausstellungen, Lesungen, Konzerten, kleinen Kulturfestivals musste Organisatorin Ingrid Müller mit dem Verein Kunstrefugium, einer überregionalen Künstlervereinigung, in der sich Maler, Grafiker, Bildhauer, Fotografen für gemeinsame Projekte zusammengeschlossen haben, aus dem Quiddezentrum in Neuperlach weichen. Der ehemalige Ladenkomplex, den sie zwischenzeitlich nutzen durften, wird abgerissen. Doch diesem Ende wohnte ein neuer Anfang inne. Die Eigentümerin des Zentrums, die Wohnungs- und Siedlungsbau Bayern (WSB), hat da auch noch jenes Objekt an der Donauwörther Straße 51 und es den Künstlern von sich aus angeboten. "Das war für mich die größte Anerkennung, dass sie uns nicht verlieren wollten und auch noch in den Umbau investiert haben", sagt Ingrid Müller. Jetzt halten die Künstler wieder einen Mietvertrag für null Euro Mietzins in Händen. Die Ansage: für die nächsten Jahre. "Ein Traum", so Ingrid Müller. Ein Glücksfall auch für das Viertel. Denn zwischen Lauinger und Ohlauer Straße unweit des Glogauer Platzes finden sich außer dem Nachbarschaftstreff an der Untermenzinger Straße kaum kulturelle Orte.

Neueröffnung vom Kunsttreff nach Umzug nach Moosach

Der Raum steht: Hinter Ingrid und ihrem Mann Frank Müller liegen anstrengende Wochen.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Noch sind die Wände weiß. Die einst braun melierten Fliesen des einstigen Asia-Imbisses haben die Müllers mit freiwilligen Helfern überstrichen. Die Elektrik hat der Vermieter neu installieren lassen, er stellt auch die Heizung. Vor dem Imbiss wurden dort Autoteile verkauft. Eine begehbare mannshohe Kühlkammer lässt vermuten, dass dort noch früher eine Metzgerei war. Im Keller wird Mitorganisatorin Manuela Clarin ebenfalls ein Atelier haben. In ihm lagern erste Kunstwerke, darunter Requisiten für das Theater "Lichtbühne". In der Werkstatt können tageweise zwei Künstler arbeiten, sie bietet Raum für Workshops und Performances. Auch die Lichtbühne hat einen Proberaum. Und drei Skulpturen aus dem einstigen Quiddezentrum-Garten ziehen noch mit um und kommen auf die Wiese neben das Bushäuschen. Die anderen seien zerstört oder zerlegt worden.

Große Schaufenster im Hauptraum machen das Haus nach innen und außen transparent. Neun Räume auf 260 Quadratmetern hat das neue Refugium der Kunstrefugianer und ist damit wesentlich kleiner als vorher. Das Konzept ändert sich aber nur geringfügig. Der Treff soll weiterhin Künstlern aller Couleur offenstehen. Für Ausstellungen, Kunstprojekte aller Art. Einzig eine Frau musste Ingrid Müller unlängst abweisen. Sie fragte sie nach Kleidern. "Doch Kleider haben wir nicht."

Neueröffnung vom Kunsttreff nach Umzug nach Moosach

Doch die Mühe hat sich gelohnt. In wenigen Tagen können sie den neuen Kunsttreff an der Donauwörther Straße 51 in Moosach eröffnen.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Vor der Eröffnung am kommenden Donnerstag, 11. Juli, mit der Jahresausstellung "Alles auf Anfang" (bis 14. September) wird Robert Posselt von der Street-Art-Gruppe "Blauer Vogel", der auch den "Neuperlacher Zoo" geschaffen hatte, um 17 Uhr die Spraydose ansetzen und dem Gebäude auch von außen einen neuen Anstrich verpassen. In den Tagen darauf folgen dann Konzerte, Lesungen, Klangmalerei (näheres Infos unter www.kunsttreff-moosach.de). "Genau so was brauchen wir hier", habe ihr vor Tagen eine Nachbarin gesagt, berichtet Ingrid Müller. Das Programm bis Ende des Jahres steht, Bewerber für Aktionen gibt es bereits bis Ende 2020.

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