Moderne Autoknacker:Warnschüsse am Parkplatz

Moderne Autoknacker: Nach einem Unfall ließ einer der Täter den gestohlenen Wagen zurück und flüchtete zu Fuß weiter.

Nach einem Unfall ließ einer der Täter den gestohlenen Wagen zurück und flüchtete zu Fuß weiter.

(Foto: Polizei)

Die Polizei schnappt eine Bande von Dieben, die das Keyless-System teurer Wagen überlisteten

Von Julian Hans

Es muss eine Szene gewesen sein wie im Actionfilm, die sich am frühen Donnerstagmorgen an einem Waldrand südlich von Siegertsbrunn abspielte: Auf einem abgelegenen, unbeleuchteten Parkplatz überraschte eine Streife der Münchner Polizei mehrere Männer dabei, wie sie sich an einem frisch gestohlenen Luxusauto zu schaffen machten. Die Ertappten sprangen in den gestohlenen Mercedes AMG und in einen Citroën mit polnischen Nummernschildern und versuchten zu fliehen. Dabei stießen die beiden Fluchtautos zusammen. Die Polizei gab mehrere Warnschüsse ab, aber der Mercedes konnte entkommen. Die drei Insassen des Citroen wurden festgenommen.

Wenig später entdeckte eine Streife den entwendeten Mercedes in Riemerling. Der Fahrer war auf ein geparktes Wohnmobil aufgefahren und offenbar zu Fuß weiter geflüchtet. Der Motor lief noch. In derselben Nacht wurde in Ottobrunn ein Mercedes 350 GLE gestohlen. Die tschechische Polizei konnte den Wagen noch am Vormittag im Grenzgebiet zu Polen stoppen. Die Zusammenarbeit zwischen der Polizei in Bayern und in Tschechien funktioniere "ausgezeichnet", sagt Thomas Jacob, der stellvertretende Leiter des Kommissariats 51, das für Kfz-Kriminalität zuständig ist.

Damit ist der Polizei möglicherweise ein erster Schlag gegen Autodiebe gelungen, die in München immer wieder das sogenannte Keyless-System teurer Wagen überlisten. Die beiden in der Nacht entwendeten Mercedes sind bereits der achte und neunte Fall in zwei Wochen, bei denen Diebe Autos mit dieser Technologie knacken. Das Keyless-System wird vor allem in teuren Wagen verbaut. Sobald sich der Schlüssel dem Fahrzeug nur nähert, werden die Türen automatisch entriegelt und der Motor kann gestartet werden. In allen Fällen der letzten Wochen hatten die Besitzer ihre Autos vor ihrem Zuhause geparkt und die Schlüssel in der Nähe der Türen oder Fenster aufbewahrt. Mit sogenannten Funkwellenverstärkern überbrücken die Diebe die Distanz zwischen Haus und Autos. Insgesamt beläuft sich der Schaden von Autodiebstählen mit dieser Methode in München seit Monatsbeginn auf mehr als 800 000 Euro.

Im aktuellen Fall hatte der Besitzer den Diebstahl sofort bemerkt. Gegen vier Uhr morgens rief ein Mann aus der Stollstraße in Waldperlach den Notruf und meldete den Diebstahl seines dunkelgrauen Mercedes AMG im Wert von mehr als 100 000 Euro. Die Polizei leitete sofort eine Fahndung im Umkreis von mehreren Kilometern ein. Es ist bekannt, dass Diebe von Luxusautos schnell die Nummernschilder tauschen und Ortungstechnik ausbauen, bevor sie mit den Autos über die Grenze fahren. Dabei konnte die Streife offenbar die drei polnischen Staatsbürger im Alter von 35, 33 und 20 Jahren auf dem Waldparkplatz bei Siegertsbrunn überraschen. Der vierte Täter ist noch immer flüchtig.

"Wir gehen davon aus, dass es sich bei den Tätern um eine professionell agierende und organisierte Bande handelt", sagt der Fahnder Thomas Jacob. Als Prävention gegen den Schlüssel-Hack empfiehlt er, Autos mit Keyless-Technologie nicht direkt vor dem Haus zu parken oder zumindest die Schlüssel nicht in der Nähe der Wohnungstüre zu lagern, damit das Signal von außen nicht abgefangen werden kann. Es helfe auch, die Schlüssel in einer Metalldose aufzubewahren, die das Signal abschirmt, erklärt Jacobs: "Wir haben es mit einer Dose für hochwertige Lebkuchen getestet - es funktioniert."

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