Süddeutsche Zeitung

Werksviertel:Moderna eröffnet Standort in München

Es ist der erste in ganz Deutschland - Bürgermeisterin Habenschaden bezeichnet Moderna und München als "perfektes Match". Das US-Biotechunternehmen will in Zukunft auch mRNA-Impfstoffe etwa gegen Krebs entwickeln.

Von Nicole Graner

Auch wenn es noch nicht auf der Tafel im edlen, schwarzen Lift steht, der 13 Stockwerke im Atlas-Hochhaus im Werksviertel emporfährt: Seit April hat die deutsche Tochter des US-amerikanischen Biotechnologieunternehmens Moderna im achten Stock ihren ersten Standort in Deutschland. In dem Büro sollen sich bis Ende des Jahres an die 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Vernetzung und neue Forschungskooperationen kümmern.

Der Verwaltungssitz in der bayerischen Landeshauptstadt, in München - das ist Grund zur Freude. Vor allem bei der Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales, Melanie Huml (CSU), und bei Münchens Zweiter Bürgermeisterin, Katrin Habenschaden (Grüne). Sogar Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war zur Eröffnung des Standorts am Donnerstag digital aus Berlin zugeschaltet.

"Wo wären wir heute ohne Impfstoffe? Wie würden wir leben?", hinterfragte Lauterbach und lobte die Erfolgsgeschichte der mRNA-Technologie, "die noch lange nicht zu Ende ist". Mit Moderna habe er "immer sehr transparent" arbeiten können, umso mehr sei er nun vom ersten Standort in Deutschland "begeistert". Und er verband seine Begeisterung auch gleich mit einer Hoffnung: Dass aus dem Verwaltungssitz ein Produktionsstandort werde.

Moderna und München seien ein "perfektes Match", sagt Bürgermeisterin Habenschaden

Moderna kann sich auch der Unterstützung der bayerischen Staatsregierung sicher sein. Das machte Melanie Huml dem Unternehmen am Donnerstag gleich mehrfach deutlich. Wohlfühlen solle sich Moderna in München. Moderna sei ein "Kraftzentrum mit renommierten Namen" und passe gut in die Stadt mit 270 Biotechnologie- und Pharmaunternehmen sowie Forschungszentren. Auch Bürgermeisterin Habenschaden machte aus ihrem Stolz keinen Hehl. Moderna und München seien ein "perfektes Match". Die Stadt sei um ein "echtes Juwel reicher". Man habe es der Wissenschaft und den Impfstoffen zu verdanken, dass man sich "wieder umarmen könne, das Leben wiederhabe".

"Es war ein spannendes Rennen", sagt Moderna-Deutschland-Geschäftsführer Gerald Wiegand. Welche deutsche Städte in engerer Auswahl standen, will der 51-Jährige zwar nicht verraten, aber am Ende sei der "attraktive Standort" entscheidend gewesen sowie die Nähe zur Schweiz. Dort ist das US-amerikanische Unternehmen neben Kanada, Kenia und Australien ebenfalls aufgestellt. Dass es nun München geworden ist, kann Wiegand nur freuen. Er selbst ist in der Landeshauptstadt aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat in der Stadt an der Isar studiert. "Das ist für mich jetzt besonders schön. Denn ich weiß um die Qualität der Stadt."

Das erste Ziel ist für Wiegand, neue und intensive Gespräche zu führen, Forschungspartner, Forschungskooperationen zu finden. "Alles ist erst der Anfang", sagt er. Die mRNA-Technologie sei nicht nur in der Bekämpfung gegen das Coronavirus eine Schlüsseltechnologie, sondern auch eine Plattform, um auch gegen andere Krankheiten wirksame Impfstoffe und Therapeutika zu entwickeln".

Es gehe dabei zum Beispiel um die Entwicklung von Krebsimpfstoffen und in Zukunft um interzelluläre und individuell produzierbare Proteinkombinationen, wie der medizinische Direktor, Alfred von Krempelhuber, erklärt. Auch ist er zuversichtlich, dass das Unternehmen, das erst 2010 gegründet worden ist, in Zukunft mit mobilen Apparaturen "in die entlegensten Winkel dieser Welt" gelange, um dort Impfstoffe zu produzieren.

31 Impfstoffprogramme entwickelt Moderna derzeit. Davon sind 20 in der klinischen Phase. Moderna sei in nur 63 Tagen in der Lage, neu entwickelte Impfstoffe klinisch zu prüfen. Auch deshalb ist Krempelhuber zuversichtlich, dass das bestehende Vakzin im Kampf gegen Corona auch gut an die Omikron-Varianten angepasst werden könnte. "Die letzte Woche hat vielversprechende Ergebnisse gebracht", sagen Krempelhuber und Wiegand unisono.

Aus dem Verwaltungssitz zu Produktionsstandort? Festlegen will sich da am Donnerstag noch niemand. Aber ein erster Schritt könnte gemacht sein, einen großen Forschungsschwerpunkt in Deutschland aufzubauen - auch ein Wunsch des Bundesgesundheitsministers.

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