Mobilität:Umverteilung auf der Straße

Mobilität: Ohne eine neue Verteilung des öffentlichen Raumes wird der Verkehr in München künftig nicht funktionieren, sagt Verkehrsplaner Georg Dunkel.

Ohne eine neue Verteilung des öffentlichen Raumes wird der Verkehr in München künftig nicht funktionieren, sagt Verkehrsplaner Georg Dunkel.

(Foto: Robert Haas)

Verkehrsplaner fordert mehr Platz für Radler und Busse

Von Andreas Schubert

Die Stadt wächst, und mit ihr der Verkehr - das stellt die Stadtverwaltung und die Politik vor große Herausforderungen. Am Dienstag hat Georg Dunkel, leitender Verkehrsplaner der Stadt München, dem Regionalen Planungsverband (RPV) erklärt, wie schwierig es ist, die ständig zunehmenden Verkehrsströme in den Griff zu bekommen.

Laut aktueller Prognose werden im Jahr 2035 rund 1,85 Millionen Menschen in München leben. In Stadt und Umland zusammen werden es 3,24 Millionen sein. Weil all diese Menschen auch irgendwo arbeiten müssen, zur Uni gehen oder zur Schule, wird auch die Zahl der Ein- und Auspendler drastisch zunehmen. Mit 180 000 mehr Jobs rechnen die Zukunftsplaner bis Mitte der 2030er Jahre in der Stadt. Das wären dann 1,2 Millionen Erwerbstätige. In der Region soll deren Zahl um 280 000 auf zwei Millionen zunehmen. Das bedeutet in der Folge: überfüllte U- und S-Bahnen, Staus und eine erhöhte Abgasbelastung.

Für einen Mobilitätsplan, wie ihn die Stadt gerade erarbeitet, sind deshalb viele verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Das Grundgerüst des Verkehrs in der Region ist laut Dunkel der öffentliche Nahverkehr. Der lässt sich allerdings nicht so schnell effizient ausbauen, wie es nötig wäre. So brauchen neue U-Bahn- und Tramprojekte einen Vorlauf von vielen Jahren. Die als sehr wichtig erachtete U 9 etwa, die als Entlastung der überfüllten Linien U 3 und U 6 dienen würde, wird wohl nicht vor Ende der 2030er Jahre realisiert werden. Die zweite S-Bahn-Stammstrecke wird nicht vor 2026 fertig sein - womöglich auch erst später. Die U-Bahn-Verlängerung nach Pasing wird wohl auch nicht vor 2021 gebaut, was dann sechs bis acht Jahre dauern könnte. Und die Tram-Tangenten im Westen und Norden der Stadt sind erst in der Planung und ebenfalls erst mittelfristig fertigzustellen.

Verkehrsexperte Dunkel betont deshalb auch, dass rasche Verbesserungen derzeit nur auf der Straße möglich sind. Er meint damit nicht etwa den Ausbau von Autostraßen, sondern die Umverteilung des öffentlichen Raums zugunsten von Rad- und Busverkehr. Busspuren, sagt Dunkel, werden wohl noch einige kontroverse Diskussionen im Stadtrat auslösen. Bekanntermaßen hat die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) eine lange Liste von Vorschlägen, wo sich Busspuren einrichten ließen. Doch bisher sind nur wenige von der Politik beschlossen, zu groß ist nach wie vor im Rathaus die Rücksicht auf die Autofahrer.

Doch der Verkehrsexperte lässt keinen Zweifel daran, dass es nicht mehr weitergehen kann, ohne die Räume neu aufzuteilen und effizienter zu nutzen. "Das ist politisch nicht ganz einfach", sagt Dunkel. Auch darüber, die Parkgebühren drastisch zu erhöhen oder eine City-Maut zu erheben, müsse man nachdenken.

Dass auch die Region bessere Anschlüsse braucht, steht dabei außer Frage. So betont etwa der Oberhachinger Bürgermeister Stefan Schelle (CSU), dass eine Mobilitätswende nicht ohne das Umland zu machen sei. Dachaus Landrat Stefan Löwl (CSU) findet, dass die Verkehrsinfrastruktur im Umland ergänzt werden muss. Nur: Wo sollen zum Beispiel Verkehrsterminals gebaut werden, die Autoverkehr sinnvoll mit öffentlichem Nahverkehr verbinden? Und: Wer zahlt dafür? Laut Münchens Landrat Christoph Göbel (CSU) hängt letztlich immer alles an einem entscheidendem Punkt: dem Geld. Hier wünscht sich Göbel eine engere Zusammenarbeit von Bund, Freistaat und den Kommunen. Er ermuntert deshalb die Vertreter der Region, sich verstärkt in die Modellstadt 2030 einzubringen. Das Projekt beschäftigt sich mit der Lebensqualität in Stadt und Umland, für die der Verkehr eine entscheidende Rolle spielt. Ziel ist es, zunehmend auch mit Hilfe der Digitalisierung, eine effizientere und umweltfreundlichere Form der Mobilität zu schaffen.

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