Mobilität:Wie wäre es mit einer Ringbahn auf Stelzen?

Lesezeit: 3 Min.

Nach der Vorstellung von Studenten der Hochschule soll der Monorail auf bis zu 15 Meter hohen Stelzen über die Köpfe der Münchner hinwegzischen. (Foto: Collage: oh)
  • Studenten haben sich mit neuen Verkehrskonzepten für München befasst.
  • Herausgekommen sind Ideen für eine Monorail-Bahn - oder Doppeldecker-Busse samt Doppeldecker-Haltestelle.
  • Realisieren lassen sich die meisten Vorschläge wohl eher nicht - aber die Profi-Planer freuen sich dennoch über die Denkanstöße.

Von Marco Völklein

Gewünscht war, auch mal zu spinnen, erzählt Andreas Zach. "Also haben wir mal drauflos gesponnen", sagt der 37-jährige angehende Wirtschaftsingenieur. Zusammen mit fünf anderen Studenten hat er verschiedene Ideen durchgespielt. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Netz aus Zeppelin-Linien über der Stadt? Das war eine der Überlegungen. "Uns war schnell klar, dass wir in den zweiten Stock gehen wollen", ergänzt BWL-Student Sebastian Bönnemann, 28. Der Platz an Münchens Oberfläche sei ja schon voll mit Autos, Trambahnen, Bussen, Radfahrern und Fußgängern. "Auch im Untergrund wird es immer enger." Wie wäre es also mit einer Bahn auf Stelzen? Andere Städte wie Berlin oder Hamburg haben ja auch Hochbahnen.

Die Sechs stießen auf das Monorail-System des kanadischen Herstellers Bombardier, das aktuell in Sao Paulo errichtet wird. Dabei fährt eine Bahn auf einer Betonschiene auf Stelzen, ungestört vom restlichen Verkehr. Gerne werden solche Bahnen auf Messearealen, in Vergnügungsparks oder an Flughäfen errichtet, aber auch im Nahverkehr wurde mit Monorail-Systemen experimentiert, etwa in Moskau, Las Vegas oder in Sydney. Zach und Bönnemann sowie Angela Violetta Scholten, Patrick Wörner, Michael Mitterreiter und Kamonphet Sonkhanawong fragten sich: Wie könnte eine Monorail-Bahn das Münchner Netz ergänzen?

Doppelstockbusse in München
:Bitte oben einsteigen!

Um Münchens Bussystem attraktiver zu machen, sollen Doppeldecker fahren und die Haltestellen entsprechend aufgestockt werden.

Von Marco Völklein

Das Studententeam ist eine von insgesamt neun Gruppen, die sich an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Gedanken machen sollten über die Mobilität der Zukunft. Die Aufgabe war, fakultätsübergreifend Ideen zu entwickeln, wie der wachsende Mobilitätsbedarf in der Metropolregion München künftig noch abgewickelt werden kann - und zwar nachhaltig, also möglichst umweltfreundlich und stadtverträglich. Heraus kamen dabei Ideen wie die mit dem Monorail. Sie wirken überraschend, auch mal utopisch.

Und dennoch regen sie aus Sicht von Fachleuten zumindest dazu an, "mal ins Nachdenken zu kommen", wie Karla Schilde vom städtischen Planungsreferat sagt. Um das zu erreichen, sei es wichtig, die jungen Leute Ideen entwickeln zu lassen, ohne "gleich an die Probleme bei der praktischen Umsetzung zu denken". Also nicht gleich zu fragen, ob eine Einschienenbahn in 15 Meter Höhe, die mit bis zu 80 Sachen durch die Stadt rauscht, politisch durchzusetzen oder zu finanzieren wäre. Ganz zu schweigen von den städtebaulichen Fragen.

Die Idee der sechs Monorail-Fans ist es, die Stelzenbahn als Ringlinie einmal um die Innenstadt herumzuführen - am besten entlang bestehender Ring- und Ausfallstraßen, denn da ist aus Sicht der Studenten am ehesten noch ausreichend Platz, um die Bahn zwischen die bestehende Bebauung zu setzen. Im Norden und im Osten der Stadt, so ist zumindest die Idee der Studenten, könnten die Stelzen auf die Grünstreifen entlang des Mittleren Rings gesetzt werden.

Eine Ringbahn würde nicht allen Münchnern gefallen

Umsteigebahnhöfe beispielsweise am Innsbrucker Ring, an der Richard-Strauss-Straße oder am Bahnhof Moosach würden eine Verknüpfung zum bestehenden U- und S-Bahn-Netz schaffen. Zudem könnten weitere Zubringerlinien ins Umland gebaut werden. Um den Ring zu schließen, würden die Studenten die Stelzenbahn im Münchner Südosten zunächst durch Grünzüge in Harlaching führen und weiter durchs Isartal und Sendling zum Harras und von dort weiter durch die Albert-Roßhaupter-Straße bis zum Westfriedhof. Durch die Fürstenrieder Straße ginge es schnurstracks nach Norden, westlich am Nymphenburger Park vorbei und weiter bis zum Bahnhof in Moosach.

"Baulich wäre das alles möglich", sagen Zach, Bönnemann und ihre Mitstreiter über ihre insgesamt 44 Kilometer lange Ringbahn. So würden die Bogenradien locker zwischen die relativ engen Häuserschluchten beispielsweise am Harras passen. Zugleich ist ihnen aber auch klar: Gerade der Harras wäre ein "knackiger Punkt", wie Zach einräumt. Halb Sendling würde wohl auf die Barrikaden gehen, käme jemand ernsthaft auf die Idee, eine Hochbahn über den Platz zu bauen. Ebenso wären wohl viele Menschen in Harlaching oder Laim entsetzt, wenn dort Stützen in Grünflächen oder entlang der Fürstenrieder Straße betoniert würden.

Und dennoch finden die Studenten, "dass man mal darüber nachdenken sollte", wie Zach sagt. Man brauche "neue Ansätze, um die Probleme zu lösen". Die Hochbahn sei auch günstiger als eine U-Bahn. Und die sternförmige Ausrichtung des Münchner Netzes auf das Zentrum benötige dringend eine Ergänzung durch Tangenten. "Eine Ringlinie, die große Teile des Verkehrs aus dem Zentrum heraushält, würde das bestehende Netz entlasten und viele Probleme lindern", glauben Zach, Bönnemann und die anderen.

Die Phantasie muss bei den Planungen mitspielen

Tatsächlich bringen Fahrgast- und Umweltverbände, aber auch Vertreter von Freien Wählern und Grünen im Landtag immer mal wieder die Idee von Ringlinien ins Gespräch - allerdings meist als zusätzliche S-Bahn-Linie auf den bestehenden Gleisen und nicht als Monorail auf Stelzen. Auch die Pläne für Trambahntangenten beispielsweise im Münchner Westen durch die Fürstenrieder Straße oder im Norden durch den Englischen Garten greifen diese Überlegung immer wieder auf, ähnlich ist es mit der vor Jahren gescheiterten Stadt-Umland-Bahn. Und selbst die Idee, in die Luft zu gehen, gab es ja schon mal: Planer hatten vorgeschlagen, eine Seilbahn zwischen Thalkirchen und Harlaching zu errichten, ebenso eine zwischen Daglfing und der Messe in Riem.

Daher findet es auch Stadtplanerin Schilde gut, wenn die Studenten eigene Ideen entwickeln und die jeweiligen Argumente zu ihren Überlegungen "mal griffig zu Papier bringen". Das rege die Phantasie an, auch die der Planer. Über die Probleme bei der Umsetzung könnten sich die Fachleute später immer noch streiten.

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: