Mitten in Solln:Die Chemie stimmt

Ernst Otto Fischer, Nobelpreisträger, legte stets besonderen Wert auf seine Herkunft

Von Jürgen Wolfram

Zu guter Letzt hat sich Bob Dylan doch noch gemeldet, und die Serie der Nobelpreis-Verleihungen 2016 konnte ein gutes Ende nehmen. Große Erleichterung in der Weltöffentlichkeit. Ist vom Nobelpreis die Rede, schwingen bei manchen Sollnern stets auch lokalpatriotische Gefühle mit. Stammte doch einer der Hochgeehrten aus ihrem Viertel: Ernst Otto Fischer. Der Naturwissenschaftler erhielt 1973 den Nobelpreis für Chemie, gemeinsam mit dem Briten Geoffrey Wilkinson. Wofür genau Fischer die Auszeichnung seinerzeit in Stockholm zugedacht worden ist, liest sich für den Laien ähnlich kryptisch wie die Songlyrik Dylans. Seine Forschung galt der Sandwich-Struktur im Grenzgebiet zwischen anorganischer und organischer Chemie. Einzelheiten rund um das Übergangsmetallorganylen ersparen wir unseren Lesern an dieser Stelle. An diesem 10. November wäre der 2007 verstorbene Grundlagenforscher 98 Jahre alt geworden. Man könnte viel erzählen über sein erfülltes Forscherleben. Wie er 1952 seine Promotion mit Auszeichnung abschloss, 1957 zum Professor an der Münchner Universität ernannt wurde, oder wie ihm die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen den Akademiepreis für Chemie zuerkannte und er zwei Jahre später den Alfred-Stock-Gedächtnispreis erhielt. Unvergessen im Münchner Süden ist aber vor allem seine innige Beziehung zum Stadtteil seiner Herkunft. Belegt wird sie durch die Abschrift eines Interviews. Auf die Frage, ob einem Nobelpreisträger aus München Zeit für Hobbys bleibe, korrigierte Fischer, er sei ein Nobelpreisträger aus Solln. In Fragen der Definition nahm er's genau. Über seine privaten Vorlieben - Bergsteigen, Oper - erfährt der Leser auch noch was.

Vor Ernst Otto Fischer hatten schon zwei andere, mit ihm nicht verwandte Fischers den Nobelpreis für Chemie abgeräumt: Emil Fischer (1902) und Hans Fischer (1930). Grandioser Zufall: Letzterer war ebenfalls Professor an der TU München; der Jüngere hatte beim Älteren sogar mal eine Vorlesung besucht. Näher kannten sie sich nicht, zwischen Rest-München und Solln lag schon immer eine gewisse Distanz. Wenigstens die Chemie soll inzwischen einigermaßen stimmen.

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