Mitten in Sendling:Schreber-Paradies für Ratten

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Wie Bahn-Hygienekontrolleure und Gartenmieter den unliebsamen Viechern auf den Leib rücken. Über die Ursachen der Plage herrschen unterschiedliche Auffassungen

Kolumne von Birgit Lotze

Die Gegend um den S-Bahnhof Mittersendling ist ein Paradies - vielleicht nicht für Menschen, aber für Ratten. Der Bahnhof allein wäre mit seinen Mülleimern in exzellenter, windiger Lage bei geringer Zugfrequenz eigentlich schon gut positioniert. Die Hauptursache für die Rattenansammlung aber vermuten Anwohner bei den Bananen, die früher dort auf der Mittersendlinger Gleisseite eingelagert wurden. Nach dem Abriss der Bananenhallen sollen die Ratten in der Gegend geblieben sein, weniger auf dem Bahnhof selbst, sondern vor allem in der Kleingartenanlage auf Sendlinger Seite. Viele Schüler sind dort unterwegs. Den Schülern sagt man nach, sie würden die Essensreste, wenn sie in der knappen Freistunde von Schule zum Supermarkt oder zum Fast-Food-Stopp und wieder zurückeilen und dann nicht ganz schnell einen Mülleimer finden, einfach so wegwerfen.

Viele Ratten zog es also hin zu den Kleingärten, wo nicht nur die Schüler vorbeiziehen, sondern auch Besucher der Indoor-Sporthalle "Gravity Lab". Einer dieser Schrebergärten wurde nun offenbar zum ganz speziellen Rattenparadies. Und das kam so: Dessen Nachbargarten hat die Deutsche Bahn als Eigentümerin irgendwann nicht mehr an einen Gartler vermietet, sondern dort Container hingepflanzt - für Glas, für Kunststoffabfälle. Damit hatte sich auch die aufwendige Gartenpflege erledigt. Direkt am Grundstücksrand zum Schrebergarten stellte die DB auch noch einen Kleidercontainer auf und schaffte damit angeblich eine gute Voraussetzung für die Ratten, die sich über eine Treppe eine Art Autobahn zwischen Containergarten und Schrebergarten schafften.

Offenbar kamen so viele Ratten, dass irgendwann auch Nachbarn den Schrebergartenmieter nötigten, doch endlich etwas zu unternehmen. Der wandte sich an den zuständigen Bezirksausschuss, der wiederum holte die Deutsche Bahn mit zu einem Ratten-Meeting vor Ort dazu. Das Resultat: DB-Hygienekontrolleure - so etwas gibt es - sprachen von "Befallssituation", kündigten "Abhilfemaßnahmen" an und begannen mit der "Bekämpfung". Diese Bekämpfungsmaßnahmen seien fachmännisch und der Befallssituation angemessen durchgeführt worden, hieß es als Fazit einer Nachkontrolle vor Weihnachten. Man wolle die Bekämpfung beizeiten wiederholen.

Der Gartenmieter hat sich beim Bezirksausschuss dann noch einmal gemeldet und gemeint, es wäre sicher von Vorteil, wenn die Bahn das nicht als Garten genutzte Grundstück etwas "pflegen" würde. Was er selbst denn zur Großaktion beigetragen habe, kam die Frage. Er sei zwischenzeitlich mit 50 Ratten-Ködern aus dem Baumarkt aktiv gewesen, konnte er berichten. Alle Köder seien bereits am nächsten Tag verspeist gewesen. Auch er werde nun also dieses "Dinner" wiederholen müssen.

© SZ vom 15.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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