Mitten in Schwabing:Familien-Gang auf Mörderjagd

Ein Krimi-Dinner beschert einen völlig anderen Tag - mitunter bis in die frühen Morgenstunden

Glosse von Nicole Graner

Also, da ist Piet von Rabenstein. Ein ekliger Kerl: schmierig, stinkend reich, er hat wilde sexuelle Vorlieben und eine fiese Lache. Alles ist ihm "pietschnurzegal". Und da wäre Shannon. Sie trinkt ein bisschen viel. Whiskey vor allem. Kein Wunder, dass sie eine raue Stimme hat. Außerdem ist da der Saxofonist Korbinian Nick. Ein durch das Leben schlurfender, natürlich ungemein cooler Musiker - was für ein Klischee. Ingo Liebmann, mhmm, der ist 21 und ein Chaot mit Ordnungstick (geht das?). Er redet nicht viel. Ach, Emilia Gloringer: Sie ist eine wirklich hübsche Tänzerin. Oft in Gedanken verloren, sucht sie Halt in ihrem Leben. Tja, und Lola. Eine Barkeeperin, die ständig Kaugummi kaut und gern mit ihren Reizen spielt.

Was alle eint? Sie sind die wichtigsten Personen in einem Berliner Jazz-Club der Zwanzigerjahre. Und sie sind alle verdächtig, Klubbesitzer Karl Gloringer umgebracht zu haben. Stopp: Das alles ist Fake. Ein Spiel, das im Moment viele spielen - sogar online: ein Krimi-Dinner. Und so kommt es, dass die Familie eines Tages unermüdlich kocht, ist ja schließlich ein Dinner. Ein dreigängiges Menü. Das gehört zum Spiel dazu. Und auch die Verkleidung ist wichtig für die einzelnen Rollen.

Ein Wuseln ist das an diesem Tag im Haus. Faschingskisten werden durchstöbert, Puderdosen, Lippenstifte, Perücken und glitzernde Kleidchen gesucht. Dann der Auftritt: Shannon, im wahren Leben der Freund der Tochter, trägt ein langes schwarzes Abendkleid und raucht. Sensationell. Der Sohn hat sich, weil Lola, mit sehr femininen Attributen ausgestattet und redet plötzlich komisch hoch. Ingo ist normalerweise weiblich, trägt jetzt aber Fliege und Schiebermütze, ein lieber "Kerl". Die Tochter sieht aus wie den Zwanzigern entsprungen. Knallroter Lippenstift, hochgesteckte Haare, darin Glitzerband mit Feder. Der Ehemann darf den Musiker geben. Kein großes Problem für ihn. Ist zwar kein Saxofonist im echten Leben, aber Gitarrist. Und Piet ist Mama im Hosenanzug mit roter Krawatte. Gibt alles, um schmierig zu wirken.

Dann wird gespielt. In drei Runden. Es werden zig Fragen gestellt, die Charaktere durchleuchtet, der Tathergang rekonstruiert. Daneben wird ein Salat gegessen, eine Kohlroulade (typisches Essen der Zwanziger!), am Ende veganes Mousse. Jeder spielt seine Rolle, sogar in der Pause. Das Rätselraten geht weiter. Dann wird angeklagt: Einer muss es ja gewesen sein. Aber Fehlanzeige: Am Ende ist es nicht gelungen, den Mörder dingfest zu machen. Verraten wird hier nichts. Aber es ist ein Mordsspaß. Und beschert einem einen wunderbar andersartigen Familientag - aber was heißt Tag? Die Mörderjagd hat bis halb zwei Uhr nachts gedauert.

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