Süddeutsche Zeitung

Mitten in Obersendling:Stadtrand-Kultur, nächster Anlauf

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Zwischennutzungsprojekte wie das "Sugar Mountain" bedürfen gezielter Anstrengungen aller Beteiligten, um sich zu etablieren

kolumne Von Jürgen Wolfram

Der Münchner Südwesten hat seine Qualitäten, ein überbordendes Kulturleben hat er nicht. Insofern wird Andrea Barth, wenn sie im Bezirksausschuss das Wort ergreift, oft zur Überbringerin erfreulicher Nachrichten. Zuletzt kündigte sie als Stimme der Stadtteilkultur die baldige Vorstellung des Projekts "Sugar Mountain" an, eine Zwischennutzung des ehemaligen Katzenberger-Betonwerks in Obersendling. Mit einem beachtlichen medialen Aufschlag haben die Initiatoren des Freizeit- und Kunstprojekts den Leuten zuvor schon Appetit gemacht auf ihr hitverdächtiges Vorhaben. Sie waren gut beraten, in die Offensive zu gehen. Denn unwillkürlich kommt Eventfreunden ein anderes Highlight der Zwischennutzung in den Sinn, das trotz attraktiver Angebote kläglich verglomm.

Es war im Sommer 2017, als die Stadt sich aufschwang, den Menschen in Obersendling und Umgebung eine "Freiraumzeit" mit "Freiraum-Schichten" zu schenken. Auf dem ehemaligen Siemens-Parkplatz an der Gmunder Straße präsentierte das Planungsreferat Live-Musik und Spiele, Open-Air-Kino und ein Großpicknick. Am Ende der zweiwöchigen Gaudi stand Ratlosigkeit wegen der schwachen Resonanz. Eine Lehre daraus: Wer die Bevölkerung des Stadtrands kulturell erreichen will, muss engagiert die Trommel rühren.

Das Projekt "Sugar Mountain" auf der Fabrikbrache zwischen Boschetsrieder und Helfenriederstraße ist nach einem Sehnsuchtssong des Musikers Neil Young benannt. Richtungweisend heißt es darin: "... all your friends are there". Damit genau das eintritt, dieses Happening vieler kulturell Begeisterter am temporären Spielort für Theater, Kino, Konzert und zeitgenössische Kunst, bedarf es mancher Anstrengung. Am besten denken Investoren und Kommunalpolitiker gleich zu Anfang auch darüber nach, was von der Bereicherung des Viertels jenseits neuer Hotels, Wohnungen und Büros dauerhaft erhalten bleiben könnte. Damit das kreative Interim nicht abrupt und mit langen Gesichtern endet, wie zuletzt im Fall der "Fraunberg Ateliers".

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Quelle:
SZ vom 13.04.2021
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