Mitten in Haidhausen:Erst das Siegel macht das Schild

Die Idee, Feuerwehrzufahrten zuzuparken, führt nur vermeintlich zum Ziel

Von Johannes Korsche

Wie schön wäre es, einen exklusiven Parkplatz zu haben. Auch wenn keine knapp 200 Euro am Monatsende auf dem Konto übrig sind, die derzeit ein Besitzer für eine Tiefgarage an der Theresienstraße aufruft. Nur vermeintlich gibt es eine wesentlich günstigere Alternative. Das Prinzip dahinter ist dunkel aus dem Biologieunterricht bekannt: "Mimikry". In der Natur bedeutet das, dass beispielsweise eine Schwebfliege das Aussehen einer stechfreudigen Wespe nachahmt. Übertragen auf die Straßenverkehrsordnung bedeutet es, dass es ein Schild gibt, das vorgibt, ein Parkverbot auszusprechen: roter Rahmen, weißer Grund, mittig der wichtig wirkende Schriftzug "Feuerwehrzufahrt".

Für schmale fünf Euro Anschaffungskosten verspricht dieses Mimikry-Schild auf ewig einen freien Parkplatz. Eine im Notfall lebensrettende Feuerwehrzufahrt zuzuparken, das wagt nicht einmal der darbende Autofahrer, der sich nach Stunden auf Parkplatz-Safari dem Wahnsinn hingibt und, vom sinnlosen Kreisen mental mürbe geworden, bereits Formel-1-Fans auf dem Gehsteig sieht. Der alltägliche "Große Preis von Monaco (di Baviera)". Dabei hätte seine Suche bereits beendet sein können, wüsste er, dass manche Feuerwehrzufahrt rechtlich so verbindlich ist wie der S-Bahn-Fahrplan. Erst ein Siegel - weißes Münchner Kindl auf rotem Grund - macht "die Schilder zu Verkehrszeichen im Sinne der Straßenverkehrsordnung", antwortete das Kreisverwaltungsreferat auf einen Antrag aus der Haidhauser Bürgerversammlung. "Fehlt das Siegel, entfaltet das Schild keine rechtliche Wirkung." Die "nichtamtlichen" Schilder zu entfernen, sei daher in der Regel nicht nötig. Aber, und da wird es knifflig, vor Ein- und Ausfahrten von Grundstücken herrscht ohnehin ein gesetzliches Halteverbot - Feuerwehrzufahrt hin oder her. Außer für den Eigentümer, der sein eigenes Grundstück nach Lust und Laune zuparken darf.

Was also von dem Vorstoß des Münchners bleibt, ist eine für deutsche Verhältnisse untypische Einsicht: Selbst im Land der Vorschriften und des Schilderwaldes dürfen gewisse Schilder ignoriert werden. Typisch deutsch ist dagegen, dass das Parken vor Ein- und Ausfahrten natürlich doch geregelt ist.

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