Mitten in Hadern:Die nächste Generation dankt

Statt auf Provisionen zu schielen, sollten sich Politiker lieber an der Selbstlosigkeit der Eichhörnchen beim Hamstern ein Beispiel nehmen

Glosse von Berthold Neff

Es ist ja in diesen Tagen viel davon die Rede, die Menschen zu retten, die auf dieser Erde leben, und die Erde gleich dazu, was unter dem Begriff Nachhaltigkeit die Runde macht. Der Wald spielt in diesem Diskurs eine große Rolle, weil es seine Bäume sind, die das für die Klimaerwärmung schädliche CO₂ aufnehmen und so lange speichern, bis sie dann vermodern oder verbrennen.

Und weil Bäume oft ein ganzes Menschenleben brauchen, um erwachsen zu werden, braucht jeder Waldbesitzer einen langen Atem. Die Setzlinge, die man mit Schutz gegen Wildverbiss in den Boden steckt, werden nicht den Kindern, sondern frühestens den Enkeln als Furnier, Bau- oder Brennholz zur Verfügung stehen. So gesehen sind die einstigen Adligen, die ihrer Titel in der Weimarer Republik verlustig gingen, bis heute gefordert. Sie dürfen nicht an den nächsten Tag, sie müssen ans nächste Jahrhundert denken, was bei Geschlechtern, die schon 1000 Jahre auf dem Buckel haben, kein Problem ist. Ihre Vorfahren, so hört man, waren schon bei den Kreuzzügen dabei.

Wer sich in den Wäldern rund um München umschaut, wird schnell bemerken, dass die Waldbesitzer dort meist ein "von" im Namen tragen, wobei auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, ob sie wegen ihres immensen Waldbesitzes geadelt wurden oder ob sie die Ländereien erst erwerben konnten, weil ihnen aufgrund ihres Reichtums andere Adelige - Herzöge, Könige, Kaiser - diesen Titel übertragen haben und somit die Lizenz zum Erwerb von Reichtum lieferten.

Die Wälder der Familie von Finck, die teils an München angrenzen, sind dafür ein gutes Beispiel, wobei es bei näherem Hinsehen etwas komisch anmutet, dass ein Milliardär mit Sitz in der Schweiz ein gutes Stück der Münchner City sowie die Waldgürtel ringsum kontrolliert. Dass diesem Waldbesitzer ein CSU-Politiker namens Peter Gauweiler vor den höchsten Gerichten hilft, den Kampf gegen den Euro aufzunehmen, ist ein unappetitlicher Aspekt des Skandals, der konservativ eingestellte Wähler bewegen dürfte, ihre Wahlentscheidung zu überdenken.

Die Eichhörnchen sind in solchen Zeiten geradezu ein Lichtblick. Sie vergraben die Walnüsse, die im nächsten Jahr verspeist werden sollen, einfach so, im Rasen vor der Terrasse. Es ist ihnen egal, wer die Provisionen einsackt. Hauptsache, sie finden die Nüsse, die sie dort oder in Blumentöpfen vergraben haben, irgendwann wieder. Wenn nicht, wächst daraus ein schöner Nussbaum, notfalls auch auf dem Balkon. Die nächste Generation Eichhörnchen dankt. Gauweiler soll schauen, wo er bleibt.

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