Mitten in der Maxvorstadt:Aufstand der Spaßbremsen

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Das Kreisverwaltungsreferat gilt vielen als die Sauertopfmannschaft vom Dienst, die Veranstalter gängelt, und das in umständlichem Amtsdeutsch. Doch manchmal verteidigt es auch die Münchner Partykultur

Kolumne von Stefan Mühleisen

Von der Corona-Pandemie konnte am 28. November 2019 noch niemand etwas ahnen, auch nicht die Besucher der Maxvorstädter Bürgerversammlung. Sonst hätten sie sich ausrechnen können, dass es ihrer Empfehlung nicht bedurfte, um Stadtteil-Feten zu verbieten. Die Versammlung hatte das Kreisverwaltungsreferat (KVR) ersucht, insbesondere das Georgenstraßenfest "nicht mehr behördlich zu genehmigen".

Üblicherweise wird ja gerade das KVR als Spaßbremse angesehen, als die Sauertopfmanschaft vom Dienst, die Veranstalter gängelt, sie sollen fei ja pünktlich die Musik abdrehen und die Straße besenrein hinterlassen - sonst werde man sich das mit der Genehmigung noch mal überlegen. Das sagen die natürlich nicht so, sondern formulieren es in vornehmem Amtsdeutsch. Wobei diese sprachliche Kunst inzwischen auch ein geschätztes Stilmittel ist, um Empfehlungen an die Verwaltung zu richten, wie der Antrag der Bürgerversammlung zeigt. Da wird ersucht, Straßenfeste als nicht genehmigungsfähig einzustufen, "wenn sie zu temporären Sperren des Zugangs oder der Zufahrt zu Wohnungen, Garagen und Fahrradkellern führen und die gesperrte Straße den Zugang zu Gebäuden erschließt, deren Fläche insgesamt zu mindestens 80% Wohnzwecken dient".

Die Antwort lautet, kurz gesagt: abgelehnt. So sagen die das natürlich nicht, aber sie sagen es über vier Seiten hinweg in überraschend schlichten Sätzen wie diesem: "Eine bunte Veranstaltungskultur macht das Flair einer lebendigen und weltoffenen Stadt wie München aus." In geradezu verständlichen Worten heißt es, dass es eben viele Veranstaltungen gebe, Anwohnerinnen und Anwohner nicht alles hinnehmen müssten, aber derlei Einschränkungen von Fachbehörden geprüft würden. "Die einschlägigen Vorschriften im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Straßenfestes rechtfertigen insofern nicht die im Antrag geforderten Beschränkungen." Da hat sich das KVR zum Schluss wieder gefangen und halbwegs zum originellen Behörden-Duktus zurückgefunden. Aber ist da womöglich eine aufkeimende Lust am Unverblümten herauszulesen? Wer weiß, beim nächsten Antrag wider die Straßensause, sagen die: Na, wirklich net. Da hört sich ja wohl der Spaß auf.

© SZ vom 30.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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