Mitten in Berg am Laim:Gefährliche Fantasien

Lesezeit: 1 min

Der Täter kehrt immer an den Ort des Verbrechens zurück. Das gilt auch für die Münchner Stadtverwaltung und ihren Umgang mit dem Radweg an der Hansjakobstraße

Von Hubert Grundner

Der Täter kehrt immer an den Ort des Verbrechens zurück. Dieser Satz ist von ewiger Gültigkeit, wer schon einmal einen Edgar-Wallace-Krimi mit Klaus Kinski gesehen hat, weiß das. Davon abgesehen, ließen sich ganze Büchereien füllen mit Werken, die dieses Theorem zumindest streifen. Ein zufälliger Griff ins Regal bestätigt das: "Das Motivspektrum ist vielschichtig. Einigen Tätern (. . .) genügt schon die räumliche Nähe, um sich durch die gedankliche Reflexion des Verbrechens erneut zu stimulieren. Der Tatort selber, aber auch seine nähere Umgebung inspirieren, lassen die Erinnerungen aufflammen, geben der Phantasie neue Nahrung." Diese Zeilen stammen aus Stephan Harborts Buch "Das Hannibal-Syndrom: Phänomen Serienmord".

Das hat natürlich nicht direkt mit dem Bau- und dem Kreisverwaltungsreferat zu tun. Trotzdem muss man an die beiden Behörden und ihre oft rätselhaften Aktionen jetzt denken. Zur Erinnerung: Vor Kurzem wurde an dieser Stelle beredt Klage geführt, warum um Himmels willen mitten in den Radweg an der Hansjakobstraße zwei Verkehrsschilder gepflanzt wurden. Wobei der Verfasser der Kolumne zwischenzeitlich an seinem Verstand zu zweifeln begann - denn fast unmittelbar danach waren die alten Markierungen verschwunden. Offenbar haben Arbeiter die Farbe ausgebrannt und abgekratzt und somit gewissermaßen alle Spuren gelöscht. Hätte man sich tags zuvor also noch mit Fug und Recht bei der Stadt über den Schildbürgerstreich beschwert, bekäme man jetzt vermutlich zu hören: "Welchen Radweg meinen Sie denn? Da gibt's überhaupt gar keinen Radweg nicht."

Stimmt, die Planer lassen den Radweg neben der Neumarkter Straße stadtauswärts jetzt an der Baumkirchner Straße enden. Und da die Verlängerung auf der anderen Seite der Straße ja nicht mehr existiert, werden die Radler im Kreuzungsbereich auf die Hansjakobstraße gezwungen, die bislang den Autos vorbehalten war. Eine neue Markierung weist den Radlern ihren Platz zu, allerdings nur wenige Meter, dann endet sie. Wie schreibt Stephan Harbort? Die Rückkehr an den Tatort verschafft der Fantasie des Täters neue Nahrung.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: