Mitmach-Aktion:Auf Stimmenfang

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Von Amsel bis Zilpzalp: In Scharen geben sie bei Sonnenaufgang ihr Morgenkonzert. Das Naturkundemuseum Biotopia ruft Menschen in aller Welt dazu auf, den Vogelgesang mit dem Handy aufzunehmen - und so Teil eines Forschungsprojektes zu werden.

Von Martina Scherf

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(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Wer sie singen hört, möge sein Handy zücken, das Gezwitscher aufnehmen und an das Naturkundemuseum Bayern schicken. Zum Beispiel einen Gimpel.

Auch die Schafstelze hat viel zu sagen.

Das Blaukehlchen singt aus voller Brust.

Und wie wohl ein Haussperling klingt?

Die Welt ist still geworden. Aber nur für die Menschen. Keine Flugzeuge, kaum Autos, keine Parties. Die Vögel hingegen, die stimmen jetzt im Frühling ihr Morgenkonzert an. Und wer genau hinhört, nimmt ganz unterschiedliche Melodien wahr. Diese einzigartige Situation der Corona-Stille wollen Wissenschaftler um den Biotopia-Gründer Michael John Gorman nutzen. Sie haben den "Dawn Chorus" ins Leben gerufen, ein digitales Projekt, um Vogelstimmen zu sammeln.

Hunderte Vogelarten singen vor Sonnenaufgang ihr Morgenkonzert. "Dies ist der Moment, ihnen zuzuhören", sagt Michael John Gorman. Der Gründungsdirektor des Naturkundemuseum Bayern - es soll als Weiterentwicklung des Museums Mensch und Natur in Nymphenburg entstehen - ruft Menschen in aller Welt dazu auf, den Vogelstimmen vor ihrem Fenster, auf dem Balkon, im Garten oder auch tagsüber beim Waldspaziergang zu lauschen, sie mit dem Handy aufzunehmen und so Teil eines internationalen Forschungsprojektes zu werden. Wer seine Aufnahmen an die Plattform www.dawn-chorus.org schickt, kann sie mit Menschen in aller Welt teilen. Ein paar Beispiele sind auf der Webseite schon zu hören. "Wir haben das Projekt innerhalb von zwei Wochen ins Leben gerufen, um die einzigartige Stille in diesem Corona-Frühling zu nutzen", sagt Gorman. Die Sammlung soll von nun an jedes Jahr wachsen und so Erkenntnisse über die Entwicklung der Artenvielfalt liefern. Wissenschaftler des Max Planck-Instituts Seewiesen werden die Daten auswerten. Eines Tages soll das Konzert dann auch im Biotopia-Museum zu hören sein.

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Inspiriert ist das Projekt durch den amerikanischen Musiker und Bioakustiker Bernie Krause. Im vergangenen Jahr kam der 80-Jährige mit einer Gruppe von Wissenschaftlern und Künstlern auf Einladung von Biotopia und der Stiftung Nantesbuch nach Oberbayern. Gemeinsam stapften sie eine Woche lang durch Wald, Wiesen und Moor. Im Zentrum stand die Frage: Wie klingt Nantesbuch? Es war die erste Zusammenarbeit von Biotopia mit der Stiftung Nantesbuch, die in der Nähe von Bad Heilbrunn ihren Sitz hat und von der Unternehmerin Susanne Klatten gegründet wurde, um den Dialog zwischen Kunst und Natur fördern. Aus dieser kreativen Masterklasse entstand die Idee der weltweiten Klangkarte mit Vogelstimmen.

"Global gesehen ist jede achte bekannte Vogelart vom Aussterben bedroht", sagt Gorman. Klimawandel, Insektensterben, das Schwinden natürlicher Lebensräume, all das setzt den Tieren zu. Gorman will in Zukunft noch mehr solcher Citizen-Science-Projekte fördern, die Wissenschaft und bürgerschaftliches Engagement zusammenbringen. Er selbst ist jetzt schon ein paar Mal mit seinen beiden kleinen Söhnen um fünf Uhr morgens aufgestanden. "Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang hört man das schönste Konzert, das war auch für mich ein neues Erlebnis", sagt er. "Jeder Vogel startet zu einer anderen Zeit, wer genau hinhört, nimmt die einzelnen Stimmen des Chores genau wahr." Auch seine Kinder seien begeistert, als kleine Forscher auf Stimmenfang zu gehen.

Bis zum 22. Mai kann jeder noch seine Aufnahmen auf der Internetseite hochladen. Und in Zukunft wird nachzuhören sein, ob sich der Corona-Frühling anders anhört als das Vogelkonzert in anderen Jahren.

Naturkundemuseum Bayern , Infos: www.dawn-chorus.org

© SZ vom 06.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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