Statement von Kardinal Marx:"Ich klebe nicht an meinem Amt"

Statement von Kardinal Marx: "Der Papst hat gesagt, mach weiter": Marx hatte dem Papst bereits im vergangenen Jahr seinen Rücktritt angeboten, den lehnte Franziskus jedoch ab.

"Der Papst hat gesagt, mach weiter": Marx hatte dem Papst bereits im vergangenen Jahr seinen Rücktritt angeboten, den lehnte Franziskus jedoch ab.

(Foto: Sven Hoppe/AfP)

Fast eine Woche nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens meldet sich Kardinal Reinhard Marx ausführlich zu Wort. Das sind seine wichtigsten Aussagen.

Kardinal Reinhard Marx hat sich am Donnerstag ausführlich zum Gutachten über Missbrauch im Erzbistum München-Freising geäußert. Auffallend oft sprach er dabei in der Ich-Form. Die wichtigsten Auszüge aus seinem Statement:

"Nach der Lektüre bin ich erneut erschüttert und erschrocken über die Fälle sexuellen Missbrauchs, vor allem über das Leid der Betroffenen, aber auch über Täter und Beschuldigte und über das Verhalten von Verantwortlichen."

"Ich habe es den Gläubigen im Erzbistum nach meinem vom Papst abgelehnten Amtsverzicht geschrieben: Die Kirche war offensichtlich für viele Menschen ein Ort des Unheils und nicht des Heils, ein Ort der Angst und nicht des Trostes."

"Das gilt auch für mich persönlich: Mir wird in diesem Gutachten Verantwortung zugeschrieben und ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen. Im letzten Jahr habe ich Papst Franziskus geschrieben und auch zuvor schon an anderer Stelle benannt, dass für mich die größte Schuld darin besteht, die Betroffenen übersehen zu haben."

"Deshalb bitte ich als Erstes noch einmal persönlich und auch im Namen des Erzbistums bei Ihnen als Betroffene um Entschuldigung für das, was Sie erlitten haben im Raum der Kirche."

"Ich bitte auch die Gläubigen in diesem Erzbistum um Entschuldigung, die an der Kirche zweifeln, die den Verantwortlichen nicht mehr vertrauen können und in ihrem Glauben Schaden genommen haben."

"Aber für mich selbst sage ich offen, dass das ein Weg war, der auch für uns und für mich noch nicht zu Ende ist."

"Mir ist noch klarer geworden, dass die Fragen und Bedürfnisse der Betroffenen im Mittelpunkt stehen sollten, dass es auch ein seelsorgliches Angebot und eben noch mehr die persönliche Begegnung braucht, sowie ein aktiveres Zugehen auf Betroffene."

"Ich werfe mir in einem Fall vor, nicht wirklich aktiv auf Betroffene zugegangen zu sein"

"Ich sehe hier vor allem auch administrative und kommunikative Versäumnisse. Aber ich werfe mir in einem Fall vor, nicht wirklich aktiv auf Betroffene zugegangen zu sein."

"Der Umgang mit Missbrauch in der Kirche war und ist für mich Chefsache und steht nicht im Gegensatz zum Verkündigungsauftrag. Ich war und bin nicht gleichgültig. Hätte ich noch mehr und engagierter handeln können? Sicher ja!"

"Für mich persönlich sage ich noch einmal deutlich: Als Erzbischof trage ich nach meiner moralischen Überzeugung und in meinem Amtsverständnis Verantwortung für das Handeln des Erzbistums. Ich klebe nicht an meinem Amt. Das Angebot des Amtsverzichtes im letzten Jahr war sehr ernst gemeint. Papst Franziskus hat anders entschieden und mich aufgefordert, meinen Dienst verantwortlich weiterzuführen. Ich bin bereit, auch weiterhin, meinen Dienst zu tun, wenn das hilfreich ist für die weiteren Schritte, die für eine verlässlichere Aufarbeitung, eine noch stärkere Zuwendung zu den Betroffenen und für eine Reform der Kirche zu gehen sind. Falls ich den Eindruck gewinnen sollte, ich wäre dabei eher Hindernis als Hilfe, werde ich das Gespräch mit den entsprechenden Beratungsgremien suchen und mich kritisch hinterfragen lassen. In einer synodalen Kirche werde ich diese Entscheidung nicht mehr mit mir allein ausmachen."

"Ich wollte dem Gutachten den gebührenden Raum geben und habe mich deshalb gegen eine Teilnahme entschieden; gleichwohl habe ich die Präsentation verfolgt. Falls ich durch meine Entscheidung Gefühle von Betroffenen verletzt habe, tut mir das leid."

"Der Papst hat gesagt, mach weiter, und mir käme es jetzt vor - ich habe ja gesagt, das ist vielleicht nicht das letzte Wort, ich habe, glaube ich, deutlich gemacht, ich klebe nicht an meinem Posten - aber jetzt käme es mir falsch vor zu sagen, jetzt geht er einfach aus dem Feld und macht sich vom Acker, und das wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Aber die innere Bereitschaft, das Amt zu geben, die innere Freiheit, die habe ich."

"Es gibt keine Zukunft des Christentums in unserem Land ohne eine erneuerte Kirche."

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