Millionenschaden für den Steuerzahler:Pfusch am Bau - und in der Behörde

Wichtige Fristen versäumt und miserabel die Akten geführt: Prüfer machen Baureferat und Abfallwirtschaft für den Schaden von 31,8 Millionen Euro beim Bau der neuen Zentrale des Abfallwirtschaftsbetriebs München verantwortlich. Bezahlen müssen die Münchner Bürger.

Bernd Kastner

31,8 Millionen Euro kostet den Münchner Bürger der Pfusch beim Bau der neuen Zentrale des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWM) am Georg-Brauchle-Ring. Zu diesem Ergebnis kommt das Revisionsamt in einem vertraulichen Bericht an den Stadtrat. Die städtischen Prüfer fällen ein vernichtendes Urteil über das Baureferat und den AWM: Die Zuständigen dort hätten so viele Fristen versäumt, dass die mit dem Bau beauftragten Privatfirmen nicht mehr in Regress genommen werden könnten. Die kritisierten Behörden widersprechen jedoch teilweise vehement den Vorwürfen der Revisoren - oder schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Nun muss der Stadtrat entscheiden, wen er für verantwortlich hält für das Millionendesaster.

Zentrale des Münchner Abfallwirtschaftsbetriebs, 2010

Beim Bau der neuen AWM-Zentrale am Georg-Brauchle-Ring soll durch Pfusch ein Schaden von 31,8 Millionen Euro entstanden sein.

(Foto: lok)

Gut 55 Millionen Euro kostete der Bau der 1999 bezogenen AWM-Zentrale. Dass dabei einiges schief lief, ist bekannt: 2006 etwa stürzte unter der Schneelast ein Teil des Carportdaches ein, unter dem die Müllfahrzeuge abgestellt waren. Nun hat das Revisionsamt Schuldige benannt für die finanziellen Folgen. Derzeit wird die Anlage mit einem zweigeschossigen Carport für die Mülllaster, einer Pkw-Tiefgarage und einer Lkw-Waschhalle saniert.

Der 72-seitige Bericht der Revisoren vom Juni dieses Jahres, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ist eine einzige Philippika vor allem gegen das mit dem Bau beauftragte Baureferat, aber auch der AWM als Bauherr und Nutzer kommt nicht viel besser weg. Unter anderem kritisieren die Revisoren, dass das Baureferat versäumt habe, Mängelansprüche gegenüber den beauftragten Privatfirmen geltend zu machen. Schon allein wegen miserabler Aktenführung habe der Überblick über Fristen für Gewährleistungen gefehlt.

Die Prüfer müssen im Archiv des AWM obendrein ein Chaos vorgefunden haben: Lückenhaft und völlig ungeordnet seien die Unterlagen, wichtige Dokumente seien verschwunden. Das Baureferat weist die Verantwortung für die Bauakten von sich, man habe alles dem AWM übergeben; der Abfallwirtschaftsbetrieb wiederum erklärt, man habe die Unterlagen so ins Regal gestellt, wie man sie vom Baureferat erhalten habe, manche Papiere fehlten auch heute noch. Immerhin, der AWM gelobt Besserung und will sein Archiv ordnen.

Streit tobt auch um die Frage, wie im Winter das AWM-Gelände eisfrei gehalten werden soll. Salzwasser war aufgrund von Baumängeln in die Tiefgaragen- und Carportdecke eingedrungen und hatte diese schwer beschädigt. Nun erklärt das Baureferat, dass gar kein Tausalz hätte verwendet werden dürfen. Der AWM weist dies als absurd zurück: Es sei völlig klar gewesen, dass man aus Sicherheitsgründen Salz verwende; obendrein werde von den Straßen automatisch Salzwasser aufs AWM-Gelände geschleppt.

Während Baureferat und AWM sich mit Verweis auf die Nicht-Öffentlichkeit des Prüfberichts auf SZ-Anfrage nicht äußern, weisen sie in ihren internen Stellungnahmen ans Revisionsamt die Vorwürfe teils mit ebenso scharfen Formulierungen zurück, wie sie die Prüfer verwenden. Man habe die meisten Schäden und ihr Ausmaß erst jetzt, nach Ablauf diverser Fristen, entdecken können, sei also schuldlos. Auf die zahlreichen Empfehlungen der Prüfer, um künftig Pannen wie bei der AWM-Zentrale zu vermeiden, geht das Baureferat aber nicht ein.

Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) will sich im Streit seiner Behörden noch nicht festlegen. Es sei zwar "zweifellos Pfusch geschehen" seitens privater Firmen; doch ob tatsächlich Pflichtverletzungen in der Verwaltung ursächlich für das Versäumen der Fristen seien, müsse der Stadtrat klären. Dessen Rechnungsprüfungsausschuss hat das Thema auf Oktober vertagt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: