Millionärsmesse:Reiche Russen verzweifelt gesucht

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Stell dir vor, es ist Millionärsmesse, und kein Reicher geht hin: Auf der Münchner Millionaire Fair einen echten Millionär zu finden, ist gar nicht so einfach.

Ann-Kathrin Eckardt

"Jung, ledig, arm - suche Millionär" steht in großen Druckbuchstaben auf dem Pappkarton. Dahinter versteckt sich eine junge Dame im Pelzmantel. Unter ihr der rote Teppich, über ihr der Schriftzug der Millionaire Fair, der Millionärsmesse, die am Wochenende in München stattfand.

"Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so begehrt bin", sagt die Moderatorin des Bayerischen Rundfunks und freut sich über die vielen Fotografen. Aber trotz ihres Pappschilds wird sie auf der Millionärsmesse nicht fündig. (Foto: Foto: dpa)

"Das Schild noch ein bisschen höher", rufen ihr die Fotografen zu. "Jetzt noch ein bisschen rechts", "Nein links". Die junge Moderatorin vom Bayerischen Rundfunk ist begeistert: "Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so begehrt bin."

Kein Zweifel, ihr Gag kommt an - nur leider bei den Falschen. Sie ist am Tag zwei der Luxusmesse weit und breit die einzige, die einen Pelzmantel trägt ("Ist aus der Requisite"). Denn auf dem Messegelände herrscht Ebbe. VIP-Ebbe. Und Millionärsebbe.

Statt reichen Russen und adeligen Arabern bekommen die etwa 100 Aussteller in Halle 6 Fotografen, Journalisten und Möchtegern-Millionäre an die Stände geschwemmt. Einzige Prominenz ist an diesem Nachmittag Oliver Pocher. Seine Interpretation des Dresscodes "Tenue de ville": Schlangenlederstiefel und Schlangenlederjacke. Erst posiert er am Golfstand für die Fotografen. Dann überfällt er den Verkäufer von Luxus-Reisemobilen: "Ich such 'nen Wohnwagen für meine Mädels."

Am Vorabend, bei der großen VIP-Gala, hätte die BR-Reporterin wenigstens noch einen echten Millionär an der Champagner-Bar treffen können: Yves Gijrath. Der Gründer der Millionaire Fair ist inzwischen selbst Multimillionär. Seit 2002 beglückt der braungebrannte Holländer mit seinem Jahrmarkt der Eitelkeiten die Städte der Eitelkeiten rund um den Globus. In Moskau machten die Aussteller im letzten Jahr angeblich fast 500 Millionen Euro Umsatz, in Amsterdam sollen es 300 Millionen gewesen sein. Die meisten Aussteller in München wären froh, wenn sie überhaupt etwas verkaufen würden.

Aber vielleicht wissen sie ja wenigstens, wo sich die Superreichen verstecken? Irgendwo müssen sie ja sein, die Russen, die in 30 Privatjets aus Moskau anreisen sollten, die Prominenten aus Film- und Fernsehen, die Schauspieler, Industriebosse und Spitzensportler, die im Messeprospekt angekündigt sind.

Doch auch die Aussteller suchen vergebens. "Millionäre? Ich habe noch keinen gesehen", sagt Klaus Fleck. Der Düsseldorfer will handgefertigte Luxusuhren für 100.000 Euro an den Mann bringen. Bislang allerdings ohne Erfolg. "Keine Ahnung, wo die Russen sind. Hier jedenfalls nicht." Und im Bayerischen Hof, dem Luxushotel in der Münchner Innenstadt, in dem die Reichen und Schönen absteigen, auch nicht. "Da wohne ich nämlich", sagt Fleck.

Auch am Stand von Technogym, einem Hersteller von mit Blattgold verzierten Kraftmaschinen, hat sich noch keiner blicken lassen. "Zumindest habe ich es nicht bemerkt", sagt der durchtrainierte Verkäufer. Neu-Millionäre seien aber auch schwer zu erkennen, sagt er: "Ich hatte schon Kunden, die in Jogginghose kamen und dann für 150.000 Euro eingekauft haben." Bislang hat er allerdings nur Visitenkarten verteilt.

Der Herr am Stand mit den vergoldeten, garantiert gesundheitszertifizierten 500-Euro-Zigarren ist da schon einen Schritt weiter. Er hat in Halle 6 immerhin schon echte Millionäre gesehen. "Vorhin waren zwei da", beteuert er. "Aber mit der Presse wollen die doch sowieso nicht reden." Dann beugt er sich noch etwas weiter über den Tresen und senkt die Stimme: "Wissen Sie, viele kommen nämlich nicht mit ihrer Frau." Aha.

Trotzdem, noch ein letzter Versuch. "Einen Millionär wollen Sie finden? Kein Problem", verspricht Klaas Obma, Geschäftsführer des Veranstalters, der Gijrath Media Groep Deutschland. Doch obwohl er "wirklich viele Millionäre kennt", kann er dann doch leider gerade keinen auftreiben. "Nehmen Sie doch einfach mich fürs Foto!" Äh, nein danke.

Dann doch lieber Angelika Zwerenz. Die Münchner Dirndl-Designerin - oder, wie sie sich selbst nennt, "Revoluzzerin in Sachen Tracht" - ist zwar keine Millionärin, sieht in ihrem weißen Prinzessinnen-Outfit aber wenigstens so aus. Auf der Messe will sie es "mal so richtig krachen lassen". Allerdings ist damit keine ausgiebige Einkaufstour gemeint, sondern ihr Kleid. Ansonsten will sie sich vom "Bling-Bling nur inspirieren lassen."

Ihre Freundin Alessandra Geissel würde indes schon zuschlagen. "Ich liebe Luxus!", ruft sie. Gerne würde sie sich einen Audi R8 für 170.000 Euro kaufen. Doch obwohl die 26-Jährige eine echte Schönheitskönigin ist ("Miss Süddeutschland und Dritte im Miss-Deutschland-Finale"), fehlt ihr das Geld - wie so vielen auf der Millionaire Fair.

© SZ vom 20.10.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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