Millionärin Böhringer: Prozess um Erbe:Zeuge widerspricht eigener Aussage

Der Zivilprozess um das Erbe der Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer wird immer mehr zur Neuauflage des Mordverfahrens. Denn nun hat sich ein Zeuge von einst auffällig in Widersprüche verstrickt.

E. Müller-Jentsch

Im Zivilprozess um die "Erbunwürdigkeit" des als Böhringer-Mörder verurteilten Benedikt T. ist es am Donnerstag sehr emotional zugegangen. Ohnehin hat sich diese Verhandlung zu einer Art Neuauflage des Parkhaus-Mordverfahrens im Miniformat entwickelt. Diesmal sagten vor allem zwei Parkhaus-Angestellte, Benedikts Verlobte und sein Vater als Zeugen aus. Dabei verwickelte sich ein Tankwart auffällig in Widersprüche.

Beisetzung von Charlotte Böhringer, 2006

In der Wohnung über ihrem Parkhaus wurde Charlotte Böhringer ermordet.

(Foto: Robert Haas)

Plötzlich erinnerte sich der Zeuge nämlich an ein Detail, das er bei einer Aussage kurz nach dem Mord an der Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer mit keiner Silbe erwähnt hatte. Es geht um den

15. Mai 2006, den Tag, an dem die Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer erschlagen in ihrem Penthouse in der Baaderstraße aufgefunden worden war. An jenem Tag, so berichtete es der Tankwart dem Gericht am Donnerstag, sei Bededikt T. in ungewöhnliche Kleidung in der Parkgarage erschienen: Jeans, altes rot-gelb-organgenes Polohemd mit Zickzackmuster und Käppi. "Das war für ihn untypisch", so der Zeuge, "sonst hatte er immer schöne Hemden und schöne Stoffhosen an."

Benedikt T. reagierte erstaunt. Und sein Anwalt Peter Witting wies den Tankwart sofort auf seine frühere Aussage hin: Zwei Tage nach der Tat habe er gesagt, an T. sei nichts auffällig gewesen.

Richtig Zoff im Gerichtssaal gab es, als der Mann erklärte, an diesem Tag drei Zeitungen in eine Tüte gepackt zu haben, die ein anderer Angestellter der Böhringer an die Wohnungstür hängen sollte. Diese Zeitungen waren ein Punkt in der Indizienkette, die zur Verurteilung von Benedikt T. geführt hatte. Ob er sich sicher sei, drei Zeitungen eingepackt zu haben, fragte der Anwalt. In der Kasse seien doch nur zwei gebucht. "Meiner Meinung nach ja", beantwortete der Tankwart die Frage des Anwalts.

"Sie ist tot, sie ist tot"

Auf Nachfragen wurde der Zeuge zusehends nervöser. "Warum haben Sie das in dem Prozess damals anders erzählt als heute?", fragte Witting. "Das kann ich nicht sagen", antwortete der Tankwart, und Benedikt T. stöhnte: "Und ich hock' wegen so einem Schmarrn." Witting verlangte die Vereidigung des Zeugen, die Vorsitzende Richterin lehnte das aber ab.

Ein leitender Angestellter des Parkhauses, der zusammen mit Bendedikt T. die Tote aufgefunden hatte, verwies auf seine früheren Aussagen. Der Mord habe ihn traumatisiert, und er habe das meiste "Gott sei Dank" inzwischen verdrängt. Ja, Benedikt T. sei damals genau so geschockt gewesen wie er selbst.

Bence T., Vater von Benedikt, schilderte, wie ihn sein Sohn gerufen habe, dass "mit Pötyi etwas schreckliches passiert" sei. Pötyi bedeute auf Ungarisch "Pünktchen", Charlottes Spitzname. "Mein Sohn war verzweifelt und hat geweint." Er habe ihn seit seiner Kindheit nicht mehr weinen sehen.

Die Verlobte von Benedikt T., eine Sonderschullehrerin, erklärte, dass sie ihren Freund sowohl am Tag vor der Tat als auch an dem danach, bis zur Auffindung der Ermordeten, völlig normal und unauffällig erlebt habe. Danach sei er völlig fertig gewesen. "Sie ist tot, sie ist tot", habe er auf einer Stufe sitzend gemurmelt und geweint. Ein Hemd, wie der Tankwart es beschrieben habe, besitze ihr Freund gar nicht. "Wenn er es gewesen wäre, hätten Sie das gespürt", fragte Witting. "Ich denke schon", sagte die Frau. Mit einer innigen Umarmung verabschiede sie sich dann von Benedikt.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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