Milliarden-Haushalt:Vom Ende des Spaß-Regierens

Bei der Etatdebatte im Stadtrat betonen CSU und SPD, dass künftig mehr Disziplin beim Geld-Ausgeben gefordert sei. Das höre man nun schon seit Jahren, entgegnet die Opposition - getan aber habe sich nichts

Von Heiner Effern

Goethe, Konfuzius gleich zweimal, und auch Horaz gehören zu den Gewinnern der Debatte über den städtischen Haushalt 2018. Auf ihre Zitate und Sprachbilder ist dieses Jahr die Wahl gefallen, um die trockenen Zahlen dem Stadtrat unterhaltsamer zu präsentieren. Personalreferent Alexander Dietrich lässt sogar Ikarus im Sitzungssaal fliegen, als Sinnbild für das heißeste Finanzthema des Herbstes: die Zahl der neuen Stellen. Werden es zu viele, so die Botschaft, kommt die Stadt der Sonne zu nahe und die Finanzen stürzen ab. Sind es zu wenig, zieht das die Verwaltung nach unten, bis auch nichts mehr geht. Nun streiten Regierung und Opposition über die richtige Flughöhe.

CSU und SPD strichen in der Woche vor der Sitzung noch flugs 269 Stellen, die im Jahr 2017 bereits beschlossen wurden. Die Referate sollen sie nach dem Rasenmäher-Prinzip zurückgeben. Bis April sollen keine weiteren mehr genehmigt werden; erst dann sollen neue Finanzzahlen den Rahmen stecken für Personalentscheidungen im Jahr 2018. Darüber hinaus betont Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in seiner Rede, dass die Stadt mit ihrem Geld die richtigen Schwerpunkte setze: Soziales und Bildung erhielten zu Recht die Hälfte des Verwaltungsetats. Weiter müsse die Stadt in neue Schulen und Kitas sowie in die Infrastruktur investieren. Da jedoch die Einnahmen mit den Ausgaben kaum Schritt hielten, sei nun mehr Disziplin gefordert. Auch wenn er wisse, dass dies Stadträten und Verwaltung "relativ wenig Spaß macht", sagt Reiter.

Die Opposition findet, dass der OB das Ende des Spaß-Regierens insbesondere seiner eigenen Fraktion und dem Bündnispartner CSU nahebringen sollte. Seit drei Jahren verkündeten sie ständig Initiativen, um die Stellen und die Ausgaben zu beschränken. Katrin Habenschaden, die Finanzsprecherin der Grünen, bemüht den Papierberg auf dem Tisch von CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl als Bild für den Ausstoß an wirkungslosen Unterlagen: "30 Zentimer hoch, zwölf Kilo schwer - für nix." Auch die FDP sieht im Rathaus einen Mangel an Effizienz, CSU und SPD drückten sich um jede Entscheidung. "Vieles wird mit Geld zugedeckt", sagt Fraktionssprecher Michael Mattar.

Das dürfte aber künftig schwieriger werden. Die Zahl der Rekordeinnahmen sei vorerst vorbei, warnen der OB und auch Kämmerer Ernst Wolowicz. In den Jahren 2017 und auch 2018 rechne die Stadt aktuell mit jeweils 200 Millionen weniger bei der Gewerbesteuer als bisher geplant. Da die Ausgaben im Vergleich dazu stark stiegen, stellt sich dem Kämmerer eine zentrale Frage: "Wer soll das bezahlen?"

In Anspielung auf eine nun 700-jährige Tradition Münchner Kämmerer verweist Wolowicz ein wenig eifersüchtig auf die früheren Freiheiten seines Berufsstands. Die Kämmerer hätten an Stadttoren City-Maut verlangt, eine Gardinen- und Fenstersteuer, den Neubürgern eine Umzugsabgabe abgeknöpft - drei Modelle, die in der wachsenden Stadt heute noch Erfolg versprächen. Da ihm selbst diese verwehrt seien, bleibe ihm nichts, als immer wieder klare Prioritäten bei den Ausgaben und Investitionen einzufordern. Gerade bei letzteren: Projekte für deutlich mehr als 15 Milliarden Euro seien für die nächsten eineinhalb Jahrzehnte in Planung.

CSU-Finanzsprecher Hans Theiss nennt in Fragen verpackt die Bereiche, die er dabei genauer untersuchen möchte: den Gesundheitssektor, das Schulbauprogramm und die Kultur. Er legt auch dar, wo die CSU unbedingt weiter investieren möchte und wofür sie sich neue Schulden vorstellen könnte: für den Nah- und vor allem auch den Autoverkehr sowie die Entwicklung neuer Stadtteilzentren. Theiss stellt an den Beginn seiner Rede den Werbespruch eines Konzerns: "Just do it", so umschreibt er die Erfolgsregel von CSU und SPD. Für die Opposition klingt das eher wie ein Auftrag für die Zukunft, wenn die Stadtregierung wieder einmal einen Wandel in der Finanzpolitik versprechen sollte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: