Glockenbachviertel:"Mit dem Milla wird das hier zum Vergnügungsviertel"

Lesezeit: 3 Min.

  • Die Kulturstätte Milla im Glockenbachviertel ist bei Musikern und Gästen beliebt.
  • Wegen zu lauter Musik beschwert sich kein Anwohner - allerdings wegen der lärmenden Gäste, die den Club verlassen.
  • Die Anwohner fordern, dass der Club künftig früher geschlossen wird.

Von Annette Jäger, Isarvorstadt/Ludwigsvorstadt

Der Musikclub "Milla" an der Holzstraße 28 im Glockenbachviertel ist ein Herzensprojekt. So sagt es Gerd Baumann, einer der Geschäftsführer. Seit 2012 hat sich der Club, der für gut 200 Gäste Platz hat, als Kleinod der Münchner Musikszene etabliert. Die Kulturstätte ist beliebt bei Musikern wie Gästen. Der Erfolg des Clubs ist gleichzeitig die Misere der Anwohner. Am Dienstag haben sie in der Sitzung des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt ihr Leid geklagt. Sie sind zermürbt von der nächtlichen Ruhestörung durch die Gäste, die gerne bis in die frühen Morgenstunden auf der Straße weiterfeiern. Ein runder Tisch soll jetzt zwischen den Parteien vermitteln.

Das Milla sei als Club ideal, sagt Baumann. Aus dem abgeschirmten, gut gedämmten Clubraum dringt bei Konzerten kein Laut nach draußen. Über Musiklärm hat sich auch noch keiner in der Nachbarschaft beschwert. Das, was stört, sind die Gäste, die den Club verlassen. Vertreter der benachbarten Hausgemeinschaft in der Holzstraße haben in der Sitzung des Bezirksausschusses am Dienstagabend das nächtliche Treiben anschaulich geschildert: Nach ihren Beobachtung stehen in den Pausen der Konzerte oder nach Ende der Clubabende zwischen 1.30 Uhr und drei Uhr morgens an die 150 Besucher vor dem Club, redend, feiernd, lärmend - durchaus mal bis fünf Uhr morgens. Vor allem in den Sommermonaten sei die Lärmbelästigung akut.

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Zwei Bänke in der Nachbarschaft laden obendrein zum Verweilen ein, ebenso breite Fensterbänke im Erdgeschoss, die als Sitzgelegenheit dienen. Weder die sogenannten Silencer des Clubs, noch aufgestellte Schilder, die die Gäste zur Ruhe ermahnen sollen, seien bisher erfolgreich gewesen. Auch, weil nicht auseinanderzuhalten sei, wer aus dem Milla kommt und wer noch aus anderen Clubs auf dem Heimweg zu den Feiernden dazustößt.

"Wir sind am Ende dessen, was wir ertragen können", trug eine Anwohnerin vor. Die Holzstraße sei eine reine Wohngegend, "mit dem Milla wird das hier zum Vergnügungsviertel". Nach Ansicht der Anwohner kümmern sich die Betreiber zu wenig um das Problem. Zwei Maßnahmen könnten das Problem ihrer Meinung nach entschärfen: Die Bänke sollten abmontiert werden, damit die Nachtschwärmer es nicht allzu gemütlich haben und das Milla sollte unter der Woche um 23 Uhr und am Wochenende um 24 Uhr die Clubnacht beenden.

"Das wäre das Aus für den Club", sagt Baumann auf Anfrage. Ein Club, der um 24 Uhr schließt, ist kein Club. Er würde auch zum Abmontieren der Bänke raten. Doch da machen die Mitglieder des Bezirksausschusses nicht mit, das wurde am Dienstag deutlich. Die Bänke würden tagsüber von den Bürgern gerne und gut genutzt. Manche rieten dazu, sich eher mit Nachdruck an die Polizei zu wenden: "Anzeigen, anzeigen, anzeigen", empfahl Silvia Haas (Grüne). Ebenso Florian Florack (CSU) ermunterte dazu, auch wenn man sich als Anwohner scheue. Hubert Ströhle (Grüne) wollte lieber auf Kommunikation setzen. Er bot sich an, ein Gespräch zwischen Betreibern und Anwohnern zu moderieren. Schließlich kam die Idee auf, Akim, das Allparteiliche Konfliktmanagement der Stadt München, als Vermittler mit ins Boot zu holen.

Die einen wollen schlafen, die anderen feiern

Milla-Betreiber Gerd Baumann zeigte Verständnis für die Anwohner. Er versicherte, alles zu versuchen, was möglich sei, um das Problem zu entschärfen. Er betonte, dass jeweils zwei Silencer bei Veranstaltungen im Dienst seien. Doch was auf der anderen Straßenseite des Milla ablaufe, entziehe sich seiner Zuständigkeit. Die Idee des runden Tisches, an dem auch Mitglieder des Bezirksausschusses teilnehmen wollen, begrüßte er. "Wir müssen eine Lösung finden". Vorhersehbar sei aber auch, dass man auf der Suche nach Lösungen in einem "Ausgehviertel" an Grenzen stoßen werde. Damit hat er den Kern des Problems formuliert: In der Holzstraße träfen zwei legitime Bedürfnisse aufeinander, sagt Franziska Liegl von Akim.

Die einen wollen feiern, die anderen schlafen. In einer Stadt wie München, in der es aufgrund der zunehmenden Verdichtung kaum mehr Clubs in den Außenbezirken gibt wie früher, treffen solche konträren Bedürfnisse jetzt auf engem Raum aufeinander. Die Akim-Mitarbeiter, die bei solchen runden Tischen als Moderatoren agieren, streben Lösungen an, die zwar nicht für alle ideal, aber verträglich seien, sagt Liegl. Denn eine Lösung, bei der alle zufrieden sind, gebe es ohnehin nicht.

© SZ vom 22.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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