Milbertshofen:Zurück in die Keimzelle

BMW nimmt das neue Domizil seiner Classic-Sparte in Betrieb. Die Oldtimer, Baureihen und Konzeptstudien werden auf dem früheren Knorr-Bremse-Grundstück an der Moosacher Straße präsentiert - bis 1920 stand dort das erste Werk des Autobauers

Von Alfred Dürr, Milbertshofen

Der Mini (Baujahr 1998) mit dem knallbunten Streifendesign des britischen Modeschöpfers Paul Smith macht seinem Namen alle Ehre. Bürgermeister Josef Schmid (CSU) hat einige Mühe, für ein Foto hinter das Steuer dieser Sonderedition des engen Kleinwagens aus England zu klettern. Nicht nur das Fahrzeug wirkt im Vergleich zu den aktuellen Topmodellen der Autoindustrie ein wenig exotisch. Auch Wiesn-Chef Schmid, der eigens seinen Arbeitsplatz auf dem Oktoberfest verlassen hat, ist mit seiner kurzen Lederhose, den Wadlstrümpfen und dem Trachtenjanker ein Unikum unter all den Festgästen in einheitlich dunklen Anzügen und weißen Hemden.

Vor zweieinhalb Jahren hat der Autobauer BMW das mehr als 13 000 Quadratmeter umfassende Grundstück mit den charakteristischen und denkmalgeschützten Torgebäuden an der Moosacher Straße erworben. Dieses gehörte bis dahin zum Firmenareal der Knorr-Bremse AG. BMW begann damit, das Areal für seine "Classic-Sparte" herzurichten. In dem geschichtsträchtigen Ensemble wurden alte Hallen und Betriebsgebäude behutsam restauriert und ein neuer Werkstatt-Riegel nach den Plänen des Münchner Büros Lanz Architekten eingebaut. So entstand das Zentrum für historische Automobile und Motorräder der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce.

Bei einer Feierstunde wurde nun der neue alte Komplex, zu dem auch ein Kundenzentrum, der Teilevertrieb für die historischen Fahrzeuge, das Unternehmensarchiv sowie Büros, Veranstaltungs- und Präsentationsräume gehören, offiziell seiner Bestimmung übergeben. BMW-Classic-Chef Ulrich Knieps erinnerte an die geschichtlichen Wurzeln des Konzerns. Denn genau an dieser Stelle stand ein Teil des 1918 errichteten ersten Werks des heute weltweit agierenden Autobauers. Das Gelände ist die Keimzelle der industriellen Fertigung von Motoren dieses Unternehmens. 1920 übernahm der führende Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge, die Knorr-Bremse, das ganze Grundstück mit allen Gebäuden. BMW zog kurz darauf an die nicht weit von der Moosacher Straße entfernte Lerchenauer Straße. In den dortigen Werkshallen wurden von da an auch Motoren für Autos, Lastwagen, Motorräder und Boote gebaut.

BMW feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. 1916 wurden die Flugmaschinenwerke Gustav Otto am Oberwiesenfeld, dem heutigen Olympiagelände, übernommen. "Wir zeigen, dass wir uns mit Leidenschaft um die Architektur und die Fahrzeuge kümmern", sagte Knieps. Die Pflege und Instandhaltung des geschichtlichen Erbes sei eine zentrale Aufgabe, ergänzte BMW-Kommunikationschef Maximilian Schöberl. Das neue Zentrum sei ein Meisterwerk. Und auch Bürgermeister Schmid stimmte in das Loblied ein. Trotz der Probleme, die es mit dem Verkehr auf den Straßen gebe, wolle er doch auch klar bekennen: "Fahren ist eine Leidenschaft, ein schönes Auto ist einfach etwas Tolles."

Wer ein Liebhaber von Oldtimern ist, kommt beim Rundgang durch die behutsam renovierten Werkshallen auf seine Kosten. Autos aus der Frühzeit von BMW, nie in Serie gebaute Konzeptstudien oder futuristisch wirkende Sportwagen aus den Siebzigerjahren sowie Motorräder der verschiedenen Baureihen sind hier zu bewundern. Anders als im nahegelegenen Museum sind bei BMW-Classic diese besonderen Exponate nicht öffentlich zugänglich. Die Fahrzeugsammlung ist nur bei speziellen Führungen oder Veranstaltungen zu besichtigen. Oldtimer-Enthusiasten können originalgetreu restaurierte BMW-Fahrzeuge erwerben, ihren Klassiker restaurieren lassen oder ihn gegebenenfalls hier auch verkaufen.

Apropos Klassik. Das Münchner Kammerorchester brachte zur Eröffnung des Zentrums und vor der Einweihung durch die örtlichen Pfarreien eine Haydn-Symphonie zu Gehör. Da stellte sich heraus, dass die hell und freundlich gestaltete alte Werkshalle, die nichts von ihrem einstigen Industriecharme eingebüßt hat, auch prima als Konzertsaal geeignet ist.

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