Süddeutsche Zeitung

Milbertshofen:Historische Schätze suchen ein Haus

Dem Wunsch nach einem Stadtteilmuseum für das Viertel erteilt das Kulturreferat eine Absage. Es gibt aber auch andere Ideen für das Gebäude am Alten St.-Georgs-Platz: Räume für junge Künstler

Von Johannes Korsche, Milbertshofen

In Milbertshofen wird wohl kein Stadtteilmuseum eröffnen. Zumindest nicht unter der Adresse Alter St.-Georgs-Platz 4 - in jenem denkmalgeschützten Gebäude, das der Bezirksausschuss (BA) Milbertshofen-Am Hart dafür vorgeschlagen hat, weil es leer steht und zudem mit seiner Lage im historischen Zentrum des Viertels prädestiniert erschien. Doch wie das Kulturreferat schreibt, fehlten "wichtige Voraussetzungen", um überhaupt ein Museumskonzept zu erarbeiten. So sei ein kontinuierlich arbeitender Träger für ein Museum nicht in Sicht. Auch das Stadtmuseum fühle sich nicht zuständig, da es seit seiner Neukonzeption 2015 keine neuen Dependancen mehr gründe, heißt es weiter. "Sehr bedauerlich" sei die Absage, sagt Leo Meyer-Giesow (ÖDP), dessen Fraktion 2018 den entsprechenden Antrag gestellt hatte. Neue Ideen, wie es mit dem sanierungsbedürftigen Haus nun weitergehen soll, gibt es allerdings bereits.

Dabei liegt es nicht an der Idee selbst, dass es kein Stadtteilmuseum geben wird. Der Wunsch danach sei aus "historischen und inhaltlichen" Gründen "nachvollziehbar", findet man zum Beispiel im Stadtmuseum. Allerdings seien zunächst einmal die vorhandenen Bestände einzuschätzen, wozu das Museum "gerne" bereit sei. Auch das Stadtarchiv bietet eine "fachliche Überprüfung" an, vor allem des Nachlasses des verstorbenen Stadtteilhistorikers Franz Schrenk.

Hinzu kommt, dass das vorgeschlagene denkmalgeschützte Haus am Alten St.-Georgs-Platz seine Tücken mitbringt. Und die drücken sich in den Kosten beziehungsweise in dem Schreiben des Kulturreferats in den Klammern aus: "Die Neueinrichtung eines Museums impliziere neben baulichen Maßnahmen (Technik, Sicherheit, Klima) die Kosten des laufenden Betriebs (Gebäude, Personal, Sachmittel)", heißt es da. Vor allem das Klima dürfte in dem seit 2018 leer stehenden Gebäude ein großes Problem für jegliche Nachnutzungen sein. Der Keller ist feucht, die Wände schimmeln. Bereits im vergangenen Dezember hat das Kommunalreferat daher mitgeteilt, dass eine Nutzung "gesundheitsgefährdend" wäre. Eine Sanierung des Hauses dürfte daher ein teures und somit vielfach hinterfragtes Unterfangen werden - zumal während der Corona-Pandemie, die im städtischen Haushalt deutliche Spuren hinterlassen hat und hinterlässt. Da habe es die museale Kultur schwer, sagt Meyer-Giesow, etwa mit Blick auf die bis mindestens 2026 verschobene Sanierung des Stadtmuseums am St.-Jakobs-Platz.

Um wichtige Exponate für eine möglicherweise doch einmal professionell aufbereitete Sammlung zur Milbertshofener Geschichte nicht an den Sperrmüll zu verlieren, bitten die Lokalpolitiker mehrheitlich um eine konkrete Anlaufstelle in der Stadtverwaltung. Am besten sei eine Anlaufstelle im Stadtbezirk, an die sich Milbertshofener wenden können, wenn sie Fundstücke vom Dachboden abgeben wollen. CSU, FDP und AfD wollen diesen ÖDP-Wunsch nicht mittragen. Das Vorhaben sei eben "leider nicht machbar", begründet CSU-Fraktionssprecher Thomas Schwed. Da müsse man nicht nachtarocken und die Verwaltung mit sich selbst beschäftigen.

So oder so steht das denkmalgeschützte Haus nun weiter leer. Deswegen regt Jutta Koller (Grüne) an, sich Gedanken zu machen, wie das Haus genutzt werden könne. In dem "Kleinod in unserem Viertel" sei in ihren Augen eine Kulturstätte mit Ausstellungen die einzig sinnvolle Nutzung. Da kommt der Verein Stadtteilarbeit ins Spiel, der 2018 aus dem Haus auszog. Geschäftsführerin Saskia Adlon hat bereits im vergangenen Jahr die Idee vorgebracht, dort einen Raum für junge Künstler zu schaffen, die sonst in München keine bezahlbaren Ateliers mehr finden.

So will der Verein einerseits die "Not junger Kulturschaffender" und das "Interesse im Stadtbezirk" nach Ausstellungsflächen zusammenbringen. Dafür sei auch keine aufwendige Sanierung nötig, sagt Adlon. Der "Kunstübungsraum Milbertshofen" solle mit dem umgehen, was das Gebäude bieten könne und so bis zu sieben Künstlern temporär einen Raum für ihre Kreativität geben. Je nachdem, was die Corona-Hygieneregeln in den kleinen Räumen so zulassen könnten. Für das Projekt arbeite der Verein Stadtteilarbeit mit dem International Munich Art Lab (Imal) zusammen, ebenfalls ein Raum für junge Kreative. Ausstellungen oder ein Künstler-Café würden das Haus ins Viertel öffnen, so Adlons Idee. Sie hofft darauf, dass der Kulturausschuss im September zustimmen wird. Sie warte nur noch darauf, loslegen zu können, sagt Saskia Adlon.

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SZ vom 07.08.2020
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