Milbertshofen/Am Hart:Krieg der Worte

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Vertreter von CSU und FDP verkeilen sich mit den Grünen in einer Debatte über Verkehr und Verkehrsberuhigung im Münchner Norden

Von Johannes Korsche, Milbertshofen/Am Hart

Geht es um das Autofahren und Parken, werden im Milbertshofener Bezirksausschuss (BA) offenbar die ganz großen Begriffe ausgepackt. Einen "ideologischen Kampf" und eine grün-rote Koalition im Rathaus, die den "Autofahrern den Krieg erklärt" hat, erkannte zum Beispiel CSU-Fraktionssprecher Thomas Schwed während der jüngsten Debatte. Den Vorwurf, einer verblendenden Ideologie erlegen zu sein, wies wiederum Jürgen Trepohl (Grüne) von sich. Allerdings nicht ohne seinem CSU-Kollegen zu bescheinigen, er sehe die Welt nur durch die Windschutzscheibe. Anlass für die muntere Diskussion der Stadtviertelvertreter war ein Prüfantrag der Grünen mit dem Ziel, mehrere Straßen "mindestens bis zum Ende der Sommerferien 2020" in "Nachbarschaftsstraßen" umzuwidmen.

Autos sollen bei Nachbarschaftsstraßen, so die Ursprungsfassung des Antrags, entweder ganz draußen bleiben oder höchstens in Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen. Dadurch solle "Platz zum Spielen, Flanieren und Verweilen" entstehen. Gerade wegen der Corona-Pandemie sei es "besonders wünschenswert, diese Aufenthaltsräume im Freien und mit ausreichend Raum für gebührenden Abstand bereitzustellen", heißt es in dem Antrag.

Schon an dieser Begründung stört sich Schwed allerdings. Er finde es "beschämend, wozu der schlimme Coronavirus herhalten muss". Schließlich zeige der Antrag sehr deutlich, was er eigentlich erreichen wolle, war sich der CSU-Mann sicher: Denn lese man weiter, schrieben die Grünen, dass auf diese Weise unkompliziert ausprobiert werden könne, "was irgendwann dauerhaft Realität werden soll". Da sah Schwed jene ideologische Färbung, jenen Krieg gegen das Auto. Zudem bezweifelte er, dass sich das Anliegen realisieren ließe. Es sei ohnehin viel wichtiger, dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft in Gang komme. Die Menschen verließen ihre Wohnungen vor allem, weil sie wieder in die Arbeit führen.

Zu einem argumentativen Spagat ließ sich Claus Wunderlich (FDP) hinreißen, dem der Antrag gleichzeitig zu weit und nicht weit genug zu gehen schien. Jedenfalls machte er sich die Mühe, alle Straßen vorzuschlagen, an denen Mitglieder der Grünen-Fraktion wohnen. Er wolle mal sehen, wie seine Kolleginnen und Kollegen reagierten, wenn sie nicht mehr mit ihren SUVs vor die Haustür fahren könnten. Ein Vorschlag: die gesamte Schleißheimer Straße im Stadtbezirk. Keiner von Wunderlichs Vorschlägen wurde angenommen, was allerdings nicht daran lag, dass sich die Grünen dem konsequent verweigert hätten. Oft kamen die einzigen zustimmenden Handzeichen aus deren Fraktion. Denn selbst Wunderlich stimmte gegen seine eigenen Vorschläge. Es "träfe viele Unschuldige", begründete er die argumentative Verrenkung, etwas zu fordern, was er nicht wirklich befürwortet.

Auch auf Vorschlag der SPD-Fraktion milderten die Grünen schließlich ihren Antrag ab. Einfahrtsverbote in Straßen sollen nun nicht mehr zur Diskussion stehen. Und von den anfangs neun Vorschlägen, blieben letztlich drei übrig, die zum Prüfen geschickt wurden: die Schopenhauerstraße (im Bereich zwischen der Nietzsche- und der Dewetstraße), die Rothpletzstraße und die Eduard-Schenk-Straße (zwischen der Guddenstraße und der Torquato-Tasso-Straße). Die SPD fügte noch einen Teil der Nietzschestraße hinzu, die vom Brunnen an der Georgenschwaigstraße bis zum Kulturhaus Milbertshofen nun ebenso als "Nachbarschaftsstraße" geprüft wird. Konkret würde das bedeuten, dass dort verkehrsberuhigt wird - was Autofahrern und Radlern nur Schritttempo erlauben und Fußgängern grundsätzlich Vorrang gewähren würde.

© SZ vom 29.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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