Milbertshofen-Am Hart:Definitionssache

Lokalpolitiker diskutieren, ob der "Beauftragte gegen Rechtsextremismus" einen allgemeiner gefassten Auftrag braucht

Von Julian Raff, Milbertshofen-Am Hart

Verlieren Münchner Stadtteilpolitiker im Kampf gegen rechte Umtriebe andere Demokratiefeinde aus dem Blick? Braucht ein "Beauftragter gegen Rechtsextremismus" einen allgemeineren Auftrag und Namen, oder würde dies am Ende den Rechten in die Hände spielen? Kontrovers und teils ideologisch aufgeladen diskutierte diese Fragen nach dem Sendlinger nun auch der Bezirksausschuss Milbertshofen-Am Hart.

Mit ihrem Antrag auf stadtweite Umbenennung in "Beauftragter gegen Extremismus und für Demokratie" hatten die Pasinger und Obermenzinger Kollegen bereits im Sommer einen Stein losgetreten, der womöglich noch durch weitere Ausschüsse rollen wird. In Absprache mit der Fachstelle für Demokratie spricht sich das städtische Direktorium als Aufsichtsbehörde der Bezirksausschüsse dabei gegen eine Umbenennung aus. Auf dieser Linie bleibt, gegen die Stimmen der CSU, auch das Gremium Milbertshofen-Am Hart.

Die dortige Beauftragte Ruth Huber (SPD) hält es ebenfalls nicht für notwendig, einen neuen Beauftragten-Titel zu schaffen. Ihre Aufgabe sieht Huber, wie sie der CSU entgegen hielt, nicht darin, die Polizei im Kampf gegen politisch motivierte Straftaten aller Art zu unterstützen. Vielmehr gelte es, Gegen-Netzwerke zu knüpfen, die verhindern sollen, dass Rechtsextreme zum Beispiel Elternbeiräte infiltrieren oder an Stammtischen zusammenfinden. Nur so habe Pegida in München keinen Fuß auf den Boden bekommen können, erklärte Huber - wer vergleichbare Netzwerke gegen Linksextremismus wolle, brauche diese ja nur aufzubauen.

Zu tun gäbe es da genug, befand hingegen Thomas Schwed (CSU), der die linksautonome Szene auch im Münchner Norden, weit abseits ihrer Hamburger Hochburgen, am Werk sieht - mit überklebten CSU-Plakaten, oder Hetzschmierereien gegen die Polizei und das neue Justizzentrum am Leonrodplatz. Der Befund an sich blieb am Abend letztlich unstrittig, ebenso wie die Feststellung etwa von Umtrieben der "Identitären Bewegung" im Stadtbezirk.

Höher kochten die Emotionen dagegen, als sich Bianca Hegmann (Grüne) durch Schweds Ausführungen an Kommunikationsstrategien erinnert fühlte, die rechtsextreme Gruppen ihrer Klientel empfehlen würden. Schwed wiederum sieht seine Partei nicht nur im Bezirksausschuss systematisch verunglimpft, sondern auch von höherer Stelle, etwa durch eine Sonderausstellung des NS-Dokumentationszentrums, die Franz Josef Strauß und Peter Gauweiler als Sympathisanten der rechten Szene schmähe.

Sowohl Hegmann als auch ihre Parteikollegin Jutta Koller brachten aber pragmatischere Überlegungen ins Spiel, denn es gehe schlicht auch darum, die Beauftragte vor Überlastung zu bewahren. Der vorgeschlagene Titel eines "Beauftragten für Demokratie" ist Koller außerdem zu unverbindlich - Demokratiebeauftragter, das sei schließlich jedes BA-Mitglied, eigentlich jeder Bürger.

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