Mietwohnungen in München:Nicht nur Petzen, auch Zweckentfremdung ist unmoralisch

Münchner Mieten

Mietwohnungen sind in München ein rares Gut - und die Zweckentfremdung sorgt für noch mehr Anspannung auf dem Markt.

(Foto: dpa)

Auf einem Internetportal sollen Münchner künftig illegal vermietende Nachbarn melden. Verwerflich ist das nicht.

Kommentar von Thomas Schmidt

Seinen Nachbarn zu bespitzeln, ist unmoralisch. Wenn die Stadt nun mit der Unterstützung von SPD und CSU plant, ein Meldeportal für Zweckentfremdung von Wohnraum einzurichten, dann weckt das düstere Assoziationen an Stasi und Gestapo.

Andere zu verpfeifen und der Gewalt der Staatsmacht auszuliefern, das macht man einfach nicht, mag der spontane Gedanke sein. Doch kann man diese Frage so einfach wegwischen? Sie ist weit komplizierter, denn im Kern geht es darum, das eine vermeintlich unanständige Tun gegen ein anderes abzuwägen.

Nicht nur Petzen ist unmoralisch, Zweckentfremdung ist es auch. Wer in einer übervollen Stadt wie München Wohnungen aus Spekulationsgründen leer stehen lässt oder aus Geldgier an Touristen untervermietet, schadet seiner Nachbarschaft, seiner ganzen Stadt. Dringend benötigter Wohnraum wird dem Markt entrissen, Mieten werden teurer.

Internetportale wie Airbnb bieten keine Utopie der Gastfreundschaft an, sondern eine Plattform, die illegales Handeln ermöglicht. Diese Firma krümmt keinen Finger, den alltäglichen Missbrauch zu verhindern, und verdient prächtig daran. Ganz zu schweigen von jenen Vermietern, die lieber ein kleines, illegales Hotel betreiben, anstatt die Wohnung einer Familie zu geben.

Wenn man einen Diebstahl in einem Supermarkt beobachtet, ist es dann unmoralisch, einen Mitarbeiter zu informieren? Wenn man herausfindet, dass der Nachbar seine Frau regelmäßig verprügelt, ist das dann allein deren Sache? Es gibt eine Grenze, ab der aus falscher Spitzelei gerechtfertigtes, wenn nicht moralisch gebotenes Handeln wird. Wie so oft bei Fragen der Moral muss jeder selbst diese Grenze ziehen. Doch man sollte sich nichts vormachen und so tun, als wäre Zweckentfremdung eine Petitesse, die niemandem schadet.

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