Süddeutsche Zeitung

Allach:Mieter baut Treppe ab - Gericht bestätigt Kündigung

  • Nach der Zwangsversteigerung eines Mehrfamilienhauses in Allach hat der langjährige Mieter der Erdgeschosswohnung die Außentreppe abmontiert und damit den Zugang zur Wohnung im ersten Obergeschoss blockiert.
  • Der neue Vermieter hat dem Mann darauf fristlos gekündigt.
  • Vor Gericht gab der Mieter an, er habe die Treppe einst angeschafft und darum dürfe er sie auch abbauen. Das Amtsgericht sah das anders und sprach im Urteil von Diebstahl.

Von Stephan Handel

Den Unterschied zwischen Besitz und Eigentum lernen Gymnasiasten in der neunten Klasse - und vergessen ihn dann meistens sofort wieder. Dass jedoch nicht immer alles, was man glaubt zu besitzen, auch Eigentum ist, musste nun ein Mieter vor dem Amtsgericht erfahren.

Der Mann wohnte äußerst günstig in Allach - drei Zimmer, Küche, Bad für 250 Euro plus 150 Euro Nebenkosten. Die Hausbesitzerin lebte über ihm im ersten Stock. Dann aber zog die Frau aus, das Haus wurde zwangsversteigert. Der neue Vermieter kündigte den Vertrag des Mieters knapp ein Jahr nach dem Erwerb fristlos. Als Grund gab er an, dass der Mieter eine Außentreppe abmontiert hatte - so könne er, der Hausbesitzer, die Wohnung im ersten Stock nicht mehr erreichen beziehungsweise nur durch die Erdgeschosswohnung und das Treppenhaus.

Der Mieter meinte jedoch, er habe die Treppe abbauen dürfen - er habe sie schließlich 2001 gekauft und an dem Haus angebracht, also stehe sie in seinem Eigentum und er dürfe damit machen, was er wolle.

Dazu allerdings hatte der Amtsrichter eine eigene Meinung. Es gibt nämlich den Paragrafen 94 im Bürgerlichen Gesetzbuch: In ihm steht, dass zu einem Grundstück - und folglich auch zu einem Haus - Sachen gehören, die "mit dem Grund und Boden fest verbunden" sind. Das war bei der Außentreppe ohne Frage der Fall: Sie war an die Hausmauer angeschraubt. Und deswegen hatte der neuen Hausbesitzer sie beim Hauskauf miterworben - im Zwangsversteigerungsverfahren hatte der Mieter keine Rechte an der Treppe geltend gemacht, sodass sie mit der Immobilie zusammen verkauft worden war.

Der Richter ging sogar so weit, dem Mieter einen Diebstahl zu unterstellen - obwohl er überzeugt sei, dass "die Wegnahme der Treppe allein dem Ziel diente, den Kläger zeitweise aus dem Haus herauszuhalten". Dafür spreche auch der geringe Preis, den der Mieter beim Verkauf des eisernen Ungetüms erzielt hatte: Gerade einmal 25 Euro; die neue Treppe, die der Vermieter mittlerweile hatte einbauen lassen, hatte mehr als 3000 Euro gekostet.

Dieses Verhalten des Mieters, so das Urteil weiter, habe die Vertrauensgrundlage des Vermieters ihm gegenüber zerstört, so dass die fristlose Kündigung rechtens war - unterschwellig meint das Urteil, dass allein Boshaftigkeit das Motiv des Mieters war: Für ihn "hatte diese Verwertung keinerlei nennenswerte Vorteile. Der Schaden des Klägers war jedoch umso größer". Das Urteil des Amtsgerichts ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig. (AZ: 424 C 13271/17)

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SZ vom 20.08.2018/kbl
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