Süddeutsche Zeitung

Mieten in München:Wer bändigt diesen entfesselten Wohnungsmarkt?

"37 Quadratmeter für 1030 Euro" und Kommentar "Da hilft auch keine Bremse" vom 15. Oktober, ferner "Sechs Jahre ohne Mieterhöhungen" vom 10. Oktober:

Aus den Fugen geraten

Es ist geradezu rührend, wie sich der Verband "Haus und Grund" um die Einnahmeverluste des Staates sorgt, die mit einem Mietendeckel für Bayern verbunden wären.

Um sich nicht den Zorn der Bürger, die in ihrer Mehrheit Mieter sind, zuzuziehen, spricht man lieber nicht davon, wie viele Milliarden in den letzten Jahren in die Taschen der privaten Vermieter und der Immobilienkonzerne geflossen sind. Der Staat ist Nebenprofiteur der aus den Fugen geratenen Mietenentwicklung. Er überlässt es den Initiativen aus der Zivilgesellschaft, eine wirksame Korrektur vorzunehmen.

So geht viel Vertrauen in einen Staat verloren, der viel zu wenig unternimmt, um einen entfesselten Wohnungsmarkt zu bändigen. Stefan Kaisers, Gießen

Hürden und Diffamierungen

Ein Bündnis mit dem Projektnamen "Ausspekuliert" diffamiert Vermieter pauschal als Spekulanten und kann nicht in Anspruch nehmen, eine "Balance zwischen Mietern und Vermietern" zu beabsichtigen. Das Mietrecht sieht Mietbremsen vor, dann den Mietendeckel und nun einen Mietpreisstopp. Selbst energetische Modernisierungsmaßnahmen müssen nun durch Behörden genehmigt werden, so der Berliner Entwurf. Welcher private Kleininvestor sieht noch einen Anreiz, Wohnraum zu schaffen und bereitzustellen? Die Lösung ist nicht, Vermietern Strafen bis zu 500 000 Euro anzudrohen, sondern die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, die Verdichtung von Wohnflächen und die Bereitstellung von Infrastrukturen, um den Verkehr zu bewältigen. Das wären dann gesunde Voraussetzungen für die "Balance zwischen Mietern und Vermietern". Walter Fuchsenberger, Berg

Das Finanzamt als unseliger Preistreiber

Das Thema hohe Mieten und Mietpreisbremse für München wird immer wieder diskutiert. Man fordert die Politik auf, eine Mietpreisbremse festzulegen. Aber gerade der Staat, insbesondere die Finanzverwaltung und die Finanzämter agieren völlig kontraproduktiv. In den Einkommensteuerbescheiden von Münchner Vermietern wird von den Finanzämtern kritisiert, wenn die Mieten geringer sind als 75 Prozent der ortsüblichen Miete. Diese sozialen Vermieter dürfen dann ihre Werbungskosten nur noch anteilig geltend machen. Das Finanzamt fordert sie sozusagen auf, die Mieten zu erhöhen; nur dann können die Vermieter ihre Kosten steuerlich vollständig geltend machen.

Dieses Thema wurde bereits bei Erbschaftsteuerbescheiden kritisiert. Nun betrifft es auch die jährliche Einkommensteuererklärung. Bei Vermietung an nahe Angehörige ist der Vergleich mit der ortsüblichen Miete gerechtfertigt, aber bei Vermietung an fremde Dritte darf es diesen Vergleich mit der ortsüblichen Miete nicht geben. Es stellt sich mir auch die Frage, was die ortsübliche Miete überhaupt ist. Ein Mieter, der jahrelang in einer Wohnung zur Miete wohnt, kann nicht mit Neuvermietungen verglichen werden. Kann und darf es sein, dass der Staat zu Mieterhöhungen aufruft? Barbara Lux-Krönig, München

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Quelle:
SZ vom 21.10.2019
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