Hörenswert:Die Kunst, aufeinander zu hören

Hörenswert: Seit mehr als zehn Jahren ein perfekt harmonierendes Duo, das sich immer wieder selbst überrascht: Oliver Hahn (links) und Michael Hornstein.

Seit mehr als zehn Jahren ein perfekt harmonierendes Duo, das sich immer wieder selbst überrascht: Oliver Hahn (links) und Michael Hornstein.

(Foto: Matthias Wjst)

Nach "Ellington Now" konzentriert sich das Duo Michael Hornstein und Oliver Hahn mit "Conversations Now" auf sich selbst.

Von Oliver Hochkeppel

Der 60-jährige Münchner Saxofonist Michael Hornstein ist ein echter Weltreisender des Jazz. Er studierte in Graz und Boston, war schon mit Stars wie Albert Mangelsdorff, Wolfgang Dauner, Gary Peacock, Billy Hart oder Bob Dorough international auf Tour und hat für das Goethe-Institut wie in eigener Regie alle Kontinente bereist - gerade erst war er in Ecuador und hat einen abenteuerlichen Bericht gepostet. 2003 hatte er sogar einmal eine Gastprofessur in Kolumbien. Aber auch stilistisch ist er weltläufig. Die Bandbreite reicht von klassischem und modernem Jazz über zeitgenössische Musik bis zu elektronischer Clubkultur wie auf dem sehr erfolgreichen Album "Summertime Opium".

Eine Vielseitigkeit, die der Pianist Oliver Hahn noch toppen kann. Er begleitete den Guns'n'Roses-Gitarristen Slash, ebenso Monserrat Caballé, spielte mit den Neville Brothers und Robben Ford ebenso wie mit Waltraud Meier oder Simon LeBon von Duran Dura; seit vielen Jahren ist er außerdem der Pianist von Reinhard Fendrich. Und wer viel fernsieht, hat ihn schon in Thomas Gottschalks Late-Night-Band oder Günter Grünwalds "Freitagscomedy" sehen können.

Seit mehr als zehn Jahren haben Hornstein und Hahn aber im gemeinsamen Duo sozusagen einen sicheren Hafen für das gefunden, was man ihre Wurzeln nennen kann: die intime klassische Jazz-Improvisation. Mustergültig vorgeführt unter anderem mit der CD "Ellington Now", die nicht nur ein Bekenntnis zur Tradition war, sondern auch eine vitale, zeitgemäße Neubelebung der fast totgespielten Kompositionen des Duke. Im März 2020 spielten sie das Programm in Frankfurt zum letzten Mal - einen Tag vor dem Lockdown. Schon auf der Heimreise nach München war ihnen klar, dass sie nun viel Zeit für etwas Neues bekommen würden.

So heißt es seitdem "Conversations Now", und statt sich an Vorlagen von Ellington zu orientieren, improvisieren sie nun ausschließlich über eigene Ideen. Etliche Stücke kamen dabei zusammen, die interessantesten haben sie auf dem gleichnamigen, selbst produzierten und verlegten Album dokumentiert, das sie nun in der Unterfahrt präsentieren. Ganz unaufgeregt finden der "urige Ton", wie der Spiegel Hornstein einmal attestierte, und das klare Spiel Hahns zueinander. Wie schon Titel wie "Strollin' Backwards", "Consolation" oder "Talking Feather" andeuten, sind es meist ruhige, melodische, lyrische Themen, die sich die beiden wie Bälle zuwerfen. Beizeiten kann es freilich auch mal wilder und freier werden ("Dinosaur Eggs").

"Michael ist vielleicht der freieste Musiker, den ich je getroffen habe, was musikalische Zwänge, Konventionen oder Anbiederungen angeht", sagt Hahn. "Das macht ihn zu einem extrem aufregenden Duo-Partner." Und Hornstein hebt seine Bewunderung für kontinuierlich arbeitende Bands wie die Beatles oder die Stones hervor: "Ich mag die Idee, dass Musiker sich so aufeinander beziehen und so eng miteinander umgehen, dass sie ihre Egos und Möglichkeiten kennen und die besten musikalischen Lösungen finden." Das kann man bei "Conversations Now" als eingelöst betrachten.

Michael Hornstein & Oliver Hahn: "Conversations Now", Eigenverlag, zu bestellen unter info@michaelhornstein.de; live am Di., 7. Feb., 20.30 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstr. 42

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