Michael Graeter:Keiner ist greater

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Klatschkolumnist Michael Graeter hat ein Buch geschrieben. Zu lesen gibt es viele Andeutungen über die Geheimnisse der Reichen und Schönen. Literatur ist es nicht.

S. Handel

Gibt es eigentlich irgendjemanden in München, der noch nicht davon gehört hat? Michael Graeter hat ein Buch geschrieben, und dass alleine das Personenregister sieben Seiten umfasst, zeigt vor allem eins: dass Graeter auch in seiner Autobiographie das tut, was er sein Leben lang getan hat - mit den Großen und Möchtegern-Großen dieser Welt auf Du und Du zu sein, herauszufinden, wie es denn mit ihren Hormonen steht und das dann aufzuschreiben.

Gesellschaftskolumnist Michael Graeter hat ein Buch mit dem Titel "Extrablatt" geschrieben. Er inspirierte Helmut Dietl zu der Figur von Baby Schimmerlos in der Filmreihe Kir Royal. (Foto: Foto: Rumpf)

Heute kommt "Extrablatt" in den Buchhandel. Es wird wohl ausreichend Leute geben, die bereit sind, 19,95 Euro dafür auszugeben, Graeter beim stilvollen Namedropping zuzuschauen. Natürlich greift er nur ganz nach oben, zu Königs und Magnaten, Superstars und Hollywood. Das Auto muss stets eine Corvette sein, und wer eine Yacht von weniger als 62 Metern Länge besitzt, der soll doch gleich mit dem Schlauchboot zum Baggersee fahren.

Graeter immer mittendrin - was gelegentlich schlichtes Reporterglück ist, stellt er als einzigartige Kombination von Beziehungen, journalistischem Riecher und im richtigen Moment aufgegebener Diskretion dar. Graeter - keiner ist greater.

Literatur ist das selbstverständlich nicht. Das ist Graeters Klatschkolumne in Buchform, in einem journalistischen Stil, der früher wohl mal "süffig" hieß. Wie stets gibt es jede Menge Andeutungen, die noch auf Jahre hinaus die Exegeten der Society beschäftigen werden, wahrscheinlich aber nur dazu dienen, die Zahl der Unterlassungserklärungen in Grenzen zu halten.

Böse Worte findet er für die meisten seiner heutigen Kollegen, vor allem bei den privaten Fernsehsendern, wo das Prinzip der Lehrredaktion zum dauerhaften Geschäftsmodell gemacht wurde. Kein Wort jedoch über die Schattenseiten seines Berufs, wie es eigentlich ist, im Müll fremder Leute zu wühlen und Dinge ans Licht zu zerren, die besser im Dunkeln geblieben wären.

Und auch die Episode seiner Haftstrafe kommt merkwürdig larmoyant daher, als ein Fall, um den sich eigentlich Amnesty International hätte kümmern müssen. Die Welt des Klatsches ist irreal und unrealistisch. Vielleicht wird ein Mensch ebenso, wenn er sich zu lange darin bewegt.

© SZ vom 12.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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