Messestadt Riem:Unter Strom

Die Innung für Elektro- und Informationstechnik hat für 27 Millionen Euro ihr neues Bildungszentrum errichtet. Auf vier Stockwerke verteilt, bietet das Gebäude moderne Ausstattung für bis zu 450 Kursteilnehmer

Von Ilya Portnoy, Messestadt Riem

Messestadt Riem: Das neue Bildungszentrum der Innung für Elektro- und Informationstechnik hat 27 Millionen Euro gekostet.

Das neue Bildungszentrum der Innung für Elektro- und Informationstechnik hat 27 Millionen Euro gekostet.

(Foto: Gino Dambrowski)

Nahezu unbemerkt hat das Bildungszentrum der größten deutschen Elektroinnung bereits vor rund zwei Wochen seinen Betrieb aufgenommen. Dabei haben die Verantwortlichen nichts zu verbergen. Nur auf eine Einweihungsfeier musste die Innung für Elektro- und Informationstechnik München (IEIM), die knapp 1000 Mitgliedsbetriebe umfasst, Corona-bedingt verzichten.

Beinahe in letzter Minute wurde einst der Notarvertrag unterzeichnet, sonst hätte sich wohl ein anderer Bauherr das Grundstück an der Joseph-Wild-Straße unter den Nagel gerissen. Vom Architekturbüro Schwinde entworfen, wurde das Bildungszentrum innerhalb von zwei Jahren, nahezu mit einer Punktlandung, fertiggestellt. Auf vier Stockwerke verteilt ist nun hochmoderne Ausstattung installiert. 20 Werkstätten, zwei PC-Räume und sechs Seminarräume bieten Platz für bis zu 450 Kursteilnehmer. Um die Flut an Kursunterlagen zu bewältigen, verfügt das Haus sogar über eine eigene Druckerei. Seit Horst Seischab, der damalige Geschäftsführer der IEIM, im Jahr 2010 den Startschuss gab, haben die Verantwortlichen keine Mühen gescheut. Mehr als 30 Standorte wurden geprüft, ehe man an der Messe die nahezu perfekte Lage gefunden hatte, um den "Geist des Elektrohandwerks" am Leben zu erhalten, wie Geschäftsführer Matthias Schönberger sagt.

Stolz sei man, das Vorhaben trotz der Pandemie und der damit verbundenen Beschaffungsprobleme rechtzeitig abgeschlossen zu haben. Gefördert von Bund und Ländern liegen die Investitionen, von denen die Innung etwa 30 Prozent beigesteuert hat, bei insgesamt rund 27 Millionen Euro. Vor allem zwei Gründe waren für den Neubau ausschlaggebend, wie Obermeister Anton Berchtold erklärt. Neben einem starken Anstieg des Mietpreises am ursprünglichen Standort in der Ludwigsvorstadt sei es der IEIM besonders wichtig, in berufliche Bildung zu investieren. Bereiche wie Informations- und Elektrotechnik seien gerade im Aufschwung. Damit einhergehend gebe es einen großen Fachkräftebedarf im Elektrohandwerk.

Das Bildungszentrum steht ganz unterschiedlichen Zielgruppen offen. Neben Berufsorientierungsprojekten für Jugendliche, die noch schulpflichtig sind, aber nicht mehr zur Schule gehen, stehen beispielsweise Kurse für junge Menschen mit Fluchthintergrund auf dem Lehrplan. Ältere Auszubildende mit Vorerfahrung aber ohne abgeschlossene Qualifikation können in den Lehrgängen für sogenannte Seiteneinsteiger etwa ihre Gesellenprüfung wiederholen. Viel Eigeninitiative sei dabei gefragt, wie ein Kursleiter betont; denn eine Berufsschule besuchen diese Azubis, anders als die jüngeren Lehrlinge, nicht. Um Langzeitarbeitslose wieder in den Berufsalltag zurückzuholen, kooperiert die Innung unter anderem mit dem Jobcenter. Das Bildungszentrum sei nicht als Berufsschule zu verstehen, so Schönberger, vielmehr liege ihm ein "duales System" zugrunde.

So werden in der sogenannten überbetrieblichen Lehrlingsausbildung Theorie und Praxis zusammengeführt. In den Kursen vermitteln die Dozenten an den Werkbänken auf anschauliche Weise etwa die Steuerungstechnik, die in vielen Bereichen - auch beim Aufzugsbau - von entscheidender Bedeutung ist. Die Lehrlinge erhalten dabei die Chance, mit Originalmaterialien zu arbeiten. Beim späteren Einsatz im Betrieb bedarf es somit keiner Umstellung.

Messestadt Riem: Anton Berchtold, Obermeister (links), und Matthias Schönberger, Geschäftsführer, präsentieren das neue Domizil mit seiner klaren Architektur.

Anton Berchtold, Obermeister (links), und Matthias Schönberger, Geschäftsführer, präsentieren das neue Domizil mit seiner klaren Architektur.

(Foto: Gino Dambrowski)

Im neuen Bildungszentrum finden auch die Prüfungen statt, welche die Teilnehmer nach Durchlaufen der Lehrgänge und Meistervorbereitungskurse erwarten. Sieben Ausbildungswege erfasst das Bildungszentrum, etwa zum Systemelektroniker oder zum Elektroniker in der Maschinen- und Antriebstechnik. Bei der Metallbearbeitung wird gebohrt, gefeilt und geschliffen. Neben innovativen Aspekten wie Smart Home oder Glasfasertechnik bleibt so auch Raum für das rein "mechanische" Tüftlerherz.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: