Messestadt Riem:Mut zum Buch

Messestadt Riem: Der Autorenkreis um Leiterin Eva Döring (links) ist im Laufe der Jahre zusammengewachsen.

Der Autorenkreis um Leiterin Eva Döring (links) ist im Laufe der Jahre zusammengewachsen.

(Foto: Winkler-Schlang)

Mitglieder der offenen Schreibwerkstatt in der Messestadt veröffentlichen ihren ersten Erzählband

Von Renate Winkler-Schlang, Messestadt Riem

Hoch die Gläser! Sechs Mitglieder der Offenen Schreibwerkstatt - Eva Döring, Diane Gill, Helmut Hartl, Claudia Karsunke, Birgit Rauch und Heidi Thiele - haben sich getraut, einen Teil ihrer Werke als Buch herauszugeben. Nach zehn Jahren Schreibwerkstatt in der Messestadt sei das einmal fällig gewesen, meinte der Kreis um Leiterin Eva Döring. Nun stoßen sie an auf ihren Mut, sich mit ihren Texten an die Öffentlichkeit zu wagen. Heidi Thiele hat sie zu einem Festessen eingeladen, denn die anderen haben sich um den Druck und die Finanzierung, um die Auswahl, ums Layout und ums Korrekturlesen gekümmert. Fröhlich sind sie und vertraut miteinander. Wer immer wieder gemeinsam Geschichten prüft und Worte wägt, gibt immer auch ein wenig von sich preis. Mut und Offenheit, das sind die wohl wichtigsten Tugenden, denen die Gruppe den Band "Arkadenblüten" zu verdanken hat, aus dem sie am Freitag, 24. April, in der Kulturetage lesen wird. Da sind die sechs sich einig. Von einer siebten Autorin und Freundin haben sie posthum Texte aufgenommen, von Monika Kafka, die kürzlich gestorben ist.

Ins Leben gerufen hatte die Schreibwerkstatt die Journalistin Anne Purkhart, gedacht als Angebot für ein Jahr. Doch der Kreis konnte nicht lassen vom Schreiben. Von den Gründungsmitgliedern ist allerdings nur Eva Döring noch dabei. Schon der Weg in die Schreibwerkstatt war für einige eine Überwindung. Sie habe einige Monate Anlauf gebraucht, erzählt zum Beispiel Heidi Thiele. Andere wie Claudia Karsunke, die Cutterin, die auch als Autorin schon Fernsehbeiträge realisiert und Drehbücher verfasst hat, oder Birgit Rauch, die Schauspielerin, die auch Stücke entwickelte und ein Kinderbuch im Selbstverlag herausgab, oder Döring als Sachbuchlektorin und -autorin hatten schon Erfahrung. Helmut Hartl, der Niederbaier, war hingegen Handwerker von Beruf, hatte allerdings seit jeher gerne Gedichte verfasst: "Ich war der Firmenpoet." Diane Gill arbeitet als Buchhändlerin - und findet es überwältigend, dass sie nun auch einen Band mit eigenen Werken ins Schaufenster stellen kann.

Anfangs hatte die Gruppe sich noch Aufgaben gestellt - etwa einen Text über eine Zimmerpflanze. "In der Nacht erwachen die Zimmerpflanzen zum Leben." So beginnt Eva Dörings Stück dazu. Überhaupt haben sie den Bogen raus mit den schwierigen ersten Sätzen. "Ja, Kreiz Birnbam und Hollerstauan - de Mistviecher, de greislichen", "Es geschah zu jener Zeit, als es immer weniger Frauen und Männer gab, die auf natürlichem Wege für Nachwuchs sorgten", "Nachdem er den Tag verträumt hatte, setzte sich der Onkel auf die Bank vor seinem Haus und blinzelte in die untergehende Sonne."

Die Resonanz der anderen in der Gruppe ist ihnen wichtig und trägt bei zur Qualität. Es habe da mal eine eher destruktive Phase gegeben mit Mitgliedern, die an jedem Satz etwa zu kritteln hatten, erinnern sie sich. Da sei man dann auch nicht traurig gewesen, als manche gingen, andere kamen. Richtiggehende Tricks gebe es hier nicht zu erlernen, ein Krimi bauche unbedingt eine Leiche, eine gute Geschichte Kopf, Herz und Bauch. Man merke einfach, was berührt, wo man sich die Protagonisten vorstellen kann oder wo der Autor sich verzettelt, verkünstelt, abhebt. "Man lernt hier auch, wirklich gut zuzuhören", sagt Diane Gill. Die eine schreibt nachts, die andere nutzt auch mal ihr Diktiergerät. Gemeinsam ist ihnen, dass die Schreibwerkstatt ihrem Drang, sich auszudrücken, ihrem Tun eine Struktur gibt - es fühlt sich einfach anders an, als würden sie nur für sich alleine und ihre eigene Schublade schreiben.

Immer wieder ist der Mut das wichtigste, der Mut, einen Text in der Gruppe vorzustellen, der Mut ihn bei einer Lesung nicht vorlesen zu lassen, sondern selbst ans Mikro zu gehen, der Mut, eine Radiosendung zu bestreiten - was sie schon getan und sehr genossen haben. Und nun der Mut zum Buch. Eines aus dem epubli-Verlag, mit eigener ISBN, das war ihnen wichtig, denn geistiges Eigentum, das in Bibliotheken hinterlegt ist, werde nicht so leicht geklaut. Das Selbstvertrauen haben sie sich gegenseitig beigebracht. Wer seine Texte oder Ideen selbst klein redet, zahlt ein paar Münzen in ein "Selbsterniedrigungssparschwein". Also legen sie einfach los. Und merken immer wieder: "Schreiben verändert einen. Und dadurch verändert sich das Schreiben." Nun sind sie selbstbewusst genug, sich auch ein kleines, wenngleich zunächst noch symbolisches Honorar zu gönnen. Sie prosten sich zu und sind zuversichtlich: "Unser nächstes Buch wird dicker."

Die Buchvorstellung und Lesung der Offenen Schreibwerkstatt ist am Freitag, 24. April, 20 Uhr, Kulturetage, Erika-Cremer-Straße 8, Eintritt frei.

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