Werner Eckert-Straße 1: Eine Adresse hat der Kopfbau der ehemaligen Besuchertribüne des Riemer Flughafens. Einen dauerhaften Nutzer aber hat das Denkmal seit der Bundesgartenschau 2005 nicht. Jetzt, 20 Jahre nach der Messestadt-Gründung, rückt das flache Gemäuer wieder in den Fokus. Doch die Gemengelage ist kompliziert.
Die Gruppe "KopfbauT 20:19" um den Künstler Michael Lapper will im Sommer ein Jubiläumsprogramm machen und das Haus als öffentlich zugänglichen Identifikationspunkt für die Messestädter zelebrieren, sie will es auch weiter temporär bespielen dürfen, kennt zudem andere Gruppen, die es gerne mitnutzen würden, etwa die Frauen des Muslimischen Forums. Die gemeinnützige GmbH Startstark, schon in der Messestadt bei der Berufsorientierung für Jugendliche aktiv, hat potente Spender an der Hand, würde die Immobilie auf eigene Kosten ausbauen und für Projekte wie soziale Gastronomie und ein integratives Sportangebot nutzen; sie würde dafür aber einen langfristigen Erbpachtvertrag erwarten. Lapper und seine Mitstreiter hätten nichts gegen Startstark als Hauptnutzer, fordern aber von der Stadt, dass sie das Haus in Eigenregie ertüchtigt, die Federführung in der Hand behält und so auch den anderen örtlichen Akteuren noch einen Zugang garantieren kann.
Der Bezirksausschuss Trudering-Riem hat jahrelang einträchtig darum gekämpft, dass die Stadt dem Haus eine Heizung spendiert, das sei die Grundlage für sämtliche Nutzungsideen. Die Stadt aber hat darauf gesetzt, dass ein Investor auftaucht - und die leer stehende Immobilie verschimmeln lassen. Das Kommunalreferat kommt aus dem Prüfen nicht heraus - mit dem Ergebnis, dass Lapper womöglich nicht einmal eine Zusage für den Sommer erhalten kann und Startstark schon mit anderen Eisen droht, die man im Feuer habe: Ewig ließen sich die Spendenwilligen nicht hinhalten, so Startstark-Geschäftsführer Norbert Blesch. Eine verfahrene Situation, wieder mal und immer noch.
Grunddilemma ist wohl, dass die Messestadt mit der Kulturetage bereits ein kulturelles Zentrum hat und dank der Nachbarschaftstreffs und dem Familienzentrum auch mit sozialen Einrichtungen versorgt ist. Das Kommunalreferat bekam daher weder aus dem Kulturreferat noch aus dem Sozialreferat dringenden Bedarf gemeldet. Und damit kein Geld. Die Ideen des Bezirksausschusses vom Bandübungsraum über Musikschul-Dependance bis Mutter-Kind-Treff, die vor allem Georg Kronawitter (CSU) regelmäßig ins Spiel brachte, wurden sämtlich abgebügelt.
Das Kommunalreferat dachte offenbar nach der Buga, als die Lounge im Kopfbau bei den Gästen so beliebt war, dass es viel Geld verdienen könne, wenn es diese geschichtsträchtige Immobilie an hippe, zahlungskräftige Eventagenturen vergibt. Doch so recht mochte das nicht klappen, Stichwort mangelnde Heizung. Später war laut dem Bezirksausschuss eine Brauerei interessiert, die den Fernwärmeanschluss sicher hätte finanzieren können, doch die sei letztlich abgesprungen.
Von da an herrschte Stille, bis Lapper im Sommer sein Café-Kiosk baute. Er hatte den Kopfbau bespielen wollen, doch der war wegen Schimmelbekämpfung nicht zugänglich. So baute Lapper auf die Brache vor dem Bau seinen Mini-Kulturkiosk, ein "Multiding", das sich schnell zum Treff der Messestädter mauserte. Es gab Lesungen und Konzerte - was Lust auf mehr machte.
Lapper und seine Mitstreiter Antje Bieber, Semira Taș und Hartmut Schießler weisen darauf hin, dass vom Flughafen sonst nichts für öffentliche Nutzung übrig ist: Tower und Wappenhalle wurden an Firmen vergeben. Der Kopfbau müsse ein Ort geschichtlicher Auseinandersetzung werden. Zudem könnte er an der Schnittstelle zwischen Messestadt und Trudering Eingesessene und Zugezogene zusammenbringen. Der künftige Schulcampus liege praktischerweise ums Eck: Was böten sich da für Möglichkeiten kultureller Bildung, schöner Gemeinsamkeit und sozialer Projekte für alle. Die Bürgerversammlung im Oktober folgte daher ihrem Antrag, die Stadt möge das Haus selbst nutzbar machen. Eva Regensburger aus dem Planungsreferat antwortete damals, genau das werde geschehen, so sehe es ja der Bebauungsplan vor: Gastronomie am Rand des Parks und bürgerschaftliche Nutzung.
Darauf berief sich nun auch Grünen-Stadtrat Herbert Danner mit seinem Antrag im Bezirksausschuss, den er fast gleichlautend an den Oberbürgermeister stellte. Danner forderte, die Stadt möge den Bau vom Schimmel befreien, damit das 20-Jährige der Messestadt würdig gefeiert werden könne. Dann solle sie die 50 Meter Leitung zum nächsten Fernwärmepunkt legen, Starkstark und KopfbauT ebenso wie den BA in ein Konzept einbinden, das allen gerecht wird, für Startstark einen Teil der anschließenden Tribüne herrichten und den Landschaftsarchitekten des Parks dazu bewegen, für das Startstark-Sportprojekt Freiflächen zu ermöglichen.
Doch im Bezirksausschuss stieß Danner auf Widerstand. "Wir sind für eine Sanierung, aber egal durch wen. Wir müssen doch froh sein, wenn es einer tun will. Auf die Stadt kann man sich ja nicht verlassen", erklärte CSU-Sprecherin Magdalena Miele. Kronawitter sagte, leider sei früher aus der Messestadt nichts gekommen, er habe sich in seinem Kampf oft alleingelassen gefühlt. An eine Initiative der Stadt glaube er nicht mehr. Die SPD wollte vermitteln mit einem Fragenkatalog, den jedoch Danner als "überflüssig wie ein Kropf" brandmarkte und den SPD-Sprecherin Maren Salzmann Brünjes dann rasch zurückzog. Eine Mehrheit bekam Danner am Ende nicht.
An die Adresse von CSU-Stadtrat Sebastian Schall erklärte er, die Stadt müsse tun, was der Stadtrat verlangt: Am 30. April im Kommunalausschuss gebe es wieder Gelegenheit, der Kopfbau stehe auf der Tagesordnung. Schall versprach, sich für alljahrestaugliche Sanierung in städtischer Regie einzusetzen, er könne aber nicht versprechen, dass seine Fraktion mitziehe.
Kommunalreferatssprecherin Birgit Unterhuber aber erklärt, im Stadtrat werde es im April nur um die Sommernutzung gehen; diese könnte von Juni an möglich sein. Im übrigen dürfe sie zu Verhandlungen mit potenziellen Vertragspartnern aus Datenschutzgründen nichts kundtun. Lapper sagt, er habe erfahren, dass die Sommernutzung ausgeschrieben werden solle. Dabei werde es wohl "wieder nur um wirtschaftliche Interessen gehen und die Bürger müssen, wenn's blöd läuft, draußen bleiben". Er versuche nun, das Kulturreferat für die stadtteilspezifischen Belange ins Boot zu holen. Lapper will seine "Amtsschimmel", gleichzeitig eine Anspielung auf den realen Schimmel, nun jeden Samstag exakt um 20.19 Uhr auf die Wände des Kopfbaus projizieren.