Messestadt Riem:Geben und Nehmen

Gewinn für beide Seiten: Das Animato Orchester München konnte sich nur gründen, weil es in der Kultur-Etage der Messestadt kostenlos üben darf. Die Laienmusiker danken es mit Konzerten und verzichten auf ihre Gage

Von Renate Winkler-Schlang

Übungsräume für Bands sind Mangelware in der Stadt. Einen geeigneten Probenraum für ein ganzes Orchester zu finden, das gleicht schon fast einem Lottogewinn. Das Animato Münchner Orchester hat dieses Glück, die Streicher und Bläser können sich regelmäßig im Saal der Kultur-Etage der Messestadt treffen. Der Gewinn jedoch liegt nicht nur auf Seiten der Musiker - das ambitionierte Laienorchester gibt im Gegenzug regelmäßig ohne Gage Konzerte in der Messestadt, das nächste an diesem Sonntagvormittag. Eine echte Win-win-Situation für Mieter und Vermieter also.

Messestadt Riem: Maximilian Leinekugel gibt den Takt vor.

Maximilian Leinekugel gibt den Takt vor.

(Foto: Robert Haas)

Am Anfang waren ein paar Streicher, die 2014 gerne zusammen spielen wollten, erzählt Geigerin Nicola Brederlow, Gründungsmitglied von Orchester und Verein. Sie überlegten, wo sie andocken könnten, doch bald schon kam der Gedanke: "Wir könnten doch was Eigenes machen." Anfangs traf sich der kleine Haufen noch ohne einen Dirigenten, irgendwann waren sie so weit, per Zettel an der Hochschule nach einem zu suchen. Sogar fünf Kandidaten hatten sie zum Vordirigieren, Andreas Stadler machte das Rennen. Inzwischen ist Maximilian Leinekugel der Mann am Pult.

Messestadt Riem: Mit Leidenschaft folgen ihm die Musiker des Animato-Orchesters.

Mit Leidenschaft folgen ihm die Musiker des Animato-Orchesters.

(Foto: Robert Haas)

"Dass dieses Pult in der Messestadt stehen kann, haben wir Heinrich Tardt zu verdanken", sagt Nicola Brederlow. "Er hat uns ein Zuhause gegeben." Hätte der Geschäftsführer der Kulturetage ihnen den Saal nicht reserviert, wäre das Projekt womöglich schon in der Anfangsphase wieder gestorben, denn zuvor hatte es nur Absagen gehagelt. "Wir hatten ja auch kein Budget, konnten keine 500 oder 800 Euro pro Abend Saalmiete nur zum Proben aufbringen. So hoch sind die Preise in München."

Messestadt Riem: Joseph Haydn und Johannes Brahms sind beide in diesem Konzert zu hören.

Joseph Haydn und Johannes Brahms sind beide in diesem Konzert zu hören.

(Foto: Robert Haas)

Sie liehen sich Noten beim Bund deutscher Laienorchester, suchten sich Stücke, denen sie gewachsen waren. Am Namen haben sie lange getüftelt, er sollte München enthalten, viel wichtiger aber war, dass er Hinweis geben sollte auf die Leidenschaft, auf das Herzblut, mit denen die inzwischen um Bläser ergänzte und auf rund 40 Mitspieler bei der Sache sind: Animato!

Inzwischen sind sie ein gemeinnütziger Verein, Brederlow war mit Mechthild Zimmermann Gründungsvorstand, jetzt haben sie übergeben an Anja Simon und Johannes Reimann. Konzertmeister ist Wolfgang Schiele. Leinekugel, so sagt Nicola Brederlow, hole das Beste aus ihnen heraus, erkläre alles mit Charme. Sie seien zwar Laien: "Alles kriegen wir nicht hin." Doch sie wollen an sich arbeiten, sich vervollkommnen, auch durch die zwei Probenwochenenden im Jahr. "Wir arbeiten durchaus mit Ernsthaftigkeit. Und wir schieben nie nur Dienst - was man bei Profis schon erleben kann", sagt sie. Diese Freude spüre das Publikum: "Das ist der Grund, warum sich Menschen Laien anhören." Die Mitspieler sind zwischen Mitte 30 und Mitte 50, es sind Paare darunter und sogar Ex-Paare. Und sie suchen Verstärkung, vor allem Cellisten. Infos dafür gibt es auf der Homepage (www.animato-orchester.de) Gespielt wird Klassisches aber auch Modernes etwa von Aaron Copland: "Wirklich alles queerbeet."

Zwei Konzerte gibt das Animato Münchner Orchester an diesem Wochenende, das erste am Samstag, 26. Januar, 19 Uhr, im Bürgersaal Fürstenried an der Züricher Straße 35. Als Joseph Haydn im Mai 1795 in London seine 104. und letzte Sinfonie aufführte, galt sie bei Kennern bereits damals als Krönung seines Schaffens. Gut 60 Jahre später inspirierte das Thema des vierten Satzes den jungen Johannes Brahms zum Anfang für sein erstes großes Orchesterwerk, die Serenade in D-Dur. Nun sind beide Kompositionen in diesem Konzert zu hören. Karten zu 15, ermäßigt zehn Euro, gibt es an der Abendkasse.

Das zweite Konzert ist ein "Heimspiel". Es findet statt am Sonntag, 27. Januar, 11.30 Uhr in der Kultur-Etage an der Erika-Cremer-Straße 8, ebenfalls mit der 1. Serenade D-Dur op.11 von Johannes Brahms und Joseph Haydns Sinfonie No. 104, D-Dur. Der Eintritt hier kostet zwölf, ermäßigt acht Euro. Das Orchester hat inzwischen auch Mitspieler aus der Messestadt. Nicht nur sie hoffen, dass das Stammpublikum ihnen treu bleibt und sie wieder vor ausverkauftem Haus spielen.

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